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Clemens Kopecky
Autor: Mag. (FH) Clemens Kopecky
clemens.kopecky@motorrad-magazin.at
5.3.2020

KTM 390 Adventure 2020 im TestAbenteuer Alltag

Das Adventure-Segment boomt. Das gilt nicht nur für die hubraumstarken Reiseenduro-Flaggschiffe mit Power weit über 100 PS. Auch in der Mittel- und  Einsteigerklasse stehen die langbeinigen Touren-Allrounder hoch im Kurs – nicht nur bei uns in Europa, sondern mit gigantischen Stückzahlen ganz besonders in den „Entwicklungsmärkten“, wie beispielsweise Südamerika und Asien. Mit der neuen 390 Adventure will nun auch KTM dieses Feld nicht mehr unbeackert lassen. Die kleinste Adventure der Orangen nimmt ganz besonders die BMW G 310 GS und vergleichbare Konkurrenzmodelle ins Visier und wird zukünftig weltweit erhältlich sein: Die mehr als 20.000 produzierten Fahrzeuge des ersten Modelljahres teilen sich zu je einem Drittel auf Europa, Asien und Amerika auf.

Wie die 390 Duke wird auch das neue Adventure-Pendant bei Bajaj in Indien gefertigt. Die abschließende Qualitätskontrolle der Modelle für den europäischen Markt findet in Mattighofen statt. In Österreich soll das Modell vor allem preisbewusste Kunden und A2-Novizen bezirzen. KTM erhofft sich ähnlich stattliche Verkaufszahlen wie von der beliebten 390 Duke. Mit nur 6899 Euro kostet die leistbare Einzylinder-Reiseenduro obendrein nicht mal halb soviel wie ihr Schwestermodell 790 Adventure mit hubraumstarkem Twin, dem die neue 390 Adventure von Weitem frappant ähnlich sieht.

Die 390 Adventure erleichtert selbst Motorrad-Novizen dank ihrer kompakten Maße und des moderaten Gesamtgewichts von 172 Kilo vollgetankt den Einstieg ins Adventure-Segment. Auch mit üppiger Ausstattung will KTM die Zielgruppe der A2-Einsteiger für sich gewinnen. Anti-Hopping-Kupplung, Ride-by-Wire, Kurven-ABS mit Offroad-Modus, schräglagenabhängige Traktionskontrolle, Farb-TFT samt Bluetooth-Schnittstelle, 12-Volt-Steckdose im Cockpit und einstellbare Handhebel sind zum fairen Basispreis von 6899 Euro serienmäßig. Im Vergleich dazu steht ein Großteil der Klassen-Konkurrenten ziemlich nackt da. Außerdem kann ein Quickshifter mit Blipper-Funktion an der kompakten Reiseenduro nachgerüstet werden. Auch auf unserem Testfahrzeug war der Schaltassistent montiert und hat sich (abgesehen von kleinen Schaltverzögerungen) recht gut gehalten.

In bewährter KTM-Tradition kommt ein Stahl-Gitterrohrrahmen mit einstellbaren WP-Apex-Fahrwerkskomponenten zum Einsatz, die über 170 Millimter Federweg vorne (Dämpfung justierbar) und 177 Millimeter hinten (Vorspannung und Zugstufe einstellbar) verfügen. Verzögert wird an der Front mit einer Einfachscheibe, die von einer radialen Bybre-Bremszange („By Brembo") in die Mangel genommen wird. Sie soll auch bei voller Beladung auf die gesetzlich zulässige Gesamtmasse von 375 Kilo ausreichend kräftig in den 320-Millimeter-Stahlrotor beißen, verspricht KTM. Während unserer Solo-Testfahrt war bis zum Topspeed von 160 km/h funktional jedenfalls kein Nachteil gegenüber einer Doppelscheibe zu eruieren, weder bei der Dosierbarkeit noch in Sachen Bremswirkung.

Der jüngste Reiseenduro-Spross von KTM wird von jenem 373-Kubik-Einzylinder mit  maximal 44 PS und 37 Newtonmetern befeuert, der in nahezu identischer Konfiguration auch den Topseller 390 Duke antreibt. Im Allround-Betrieb lässt das drehfreudige Aggregat kaum Wünsche offen und kann selbst abgebrühten Routiniers im Sattel ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Der Eintopf wirkt niemals kastriert und nimmt schon ab zirka 2500 Touren klaglos Gas an. Flink und willig schraubt sich der Vierventiler durch das Drehzahlband, für maximalen Vortrieb will die 390 Adventure jedoch stets konzentriert auf Touren gehalten werden.

Im Unterschied zu den legendären LC4-Einzylinder-Adventures, deren Historie mehr als 20 Jahre zurückreicht, mangelt es dem kurzhubigen Single allerdings an explosivem Schub aus dem Tourenkeller. Will man auf der 390 Adventure dynamisch vorwärtskommen, muss stets hohen Drehzahlen gehuldigt werden. Das gilt mangels zusätzlicher Schwungmasse auch für Offroad-Abstecher. Bei anspruchsvollen, steilen Passagen oder bei langsamem Tempo sind die korrekte Gangwahl und eine sensible Kupplungshand Grundvoraussetzung, damit man nicht das plötzliche Absterben des Motors riskiert.

Überschaubarer Federweg, bescheidene 20 Zentimeter Bodenfreiheit, Alu-Gussfelgen, Conti TKC-70-Bereifung und ein  19-Zoll-Vorderrad -  keine Frage, dass die 390 Adventure für eher soften Geländeeinsatz konzipiert wurde. Auf den zerfurchten Schotter-Passagen unserer Testrunde überrascht das günstige Einsteigermodell dennoch mit satter Traktion, ausreichend Fahrwerksreserven und erstaunlicher Stabilität, die man der 390er mangels 21-Zoll-Vorderrad und angesichts ihrer kompakten Dimensionen nicht zutrauen würde.

Nicht nur auf unbefestigtem Terrain macht die geschmeidige Abstimmung der elektronischen Einspritzung Freude. Lastwechselreaktionen sind der 390 Adventure fremd. So verlieren auch engste Haarnadelkurven ihren Schrecken, im dichten Stadtverkehr darf trotz  knackig-präzisen Getriebes auf Wunsch schaltfaul dahingerollt werden. KTM verspricht mit dem schlanken 14,5-Liter-Tank mindestens 400 Kilometer ohne Tankstopp. Bei unserer äußerst flotten Testfahrt mit zahlreichen Gelände-Exkursionen genehmigte sich unsere 390 Adventure jedoch gierige 4,3 Liter pro hundert Kilometer. Vermutlich dürfte die versprochene Reichweite in alltäglichem, eher beschaulichen Allroundeinsatz dennoch zu erzielen sein.

Das werksseitige Setup des Fahrwerks ist für durchschnittlichen Toureneinsatz fein ausbalanciert. Die günstigen WP-Komponenten wirken jenseits von Tempo 100 allerdings unterdämpft und tendieren bei flinken Schräglagewechseln in voller Fahrt zum Aufschaukeln. Hier wird der Rotstift der KTM-Kostenrechner spürbar. Im kurvenreichen Winkelwerk lässt sich die agile KTM dennoch präzise und ohne Kraftaufwand am Alu-Lenker fast wie eine Supermotard in Schräglage dirigieren. Generell ermutigt ihre unkomplizierte Handlichkeit hier zu beherzten Kurven-Attacken, bei denen dann die einen Hauch zu defensive Traktionskontrolle regelmäßig mit sanften Interventionen auf sich aufmerksam macht. Wer die 44 PS voll ausquetschen will, muss das wachsame System über den intuitiven TFT-Bordcomputer daher deaktivieren.

 

Weil 855 Millimeter Sitzhöhe manch Kleingewachsenen eventuell abschrecken, offeriert KTM optional eine Tieferlegung um 25 Millimeter. Der Sattel ist straff gepolstert und vermittelt trotz des eher günstigen WP-Federbeins gute Fahrbahn-Rückmeldungen, dank seiner Breite lassen sich jedoch auch Langstrecken absolut schmerzfrei abspulen. Der Kniewinkel geht bei 180 Zentimetern Körpergröße gerade noch in Ordnung und ist  ein klares Zugeständnis an eine halbwegs moderate Sitzhöhe. Großgewachsenen und Offroad-Routiniers offeriert KTM im PowerParts-Zubehörprogramm ohnehin höhere Sitzbank-Varianten, die dann naturgemäß auch den Knie-Komfort erhöhen.

Während die Verarbeitungsqualität der 390 Adventure in ihrem Segment überdurchschnittlich hochwertig und detailverliebt ist, verdient der viel zu spartanische Mini-Windschild unsere Kritik. Ein Großteil des Oberkörpers ist wegen der herrlich aufrechten Sitzposition dem Fahrtwind schutzlos wie auf einem Naked Bike ausgeliefert. Abhilfe könnte möglicherweise eine höhere Plexiglas-Scheibe aus dem Zubehörprogramm schaffen, die ursprünglich von der 790 Adventure stammt.

Die universelle 390 Adventure wird die aktuelle Klassen-Konkurrenz in puncto Performance und Ausstattung garantiert das Fürchten lehren. Unterm Strich gibt es einen Haufen guter Gründe, warum die unkomplizierte KTM 390 Adventure einen Platz in der eigenen Garage verdient. Sie macht sowohl bei ausgiebigen Straßentouren als auch in leichtem Gelände oder im Alltag stets gute Figur, und auch der Serviceintervall von 7500 Kilometern schon Nerven und Geldbeutel. Obendrein punktet die einsteigerfreundliche Reiseenduro mit ihrem kontofreundlichen Anschaffungspreis – so bleibt im Haushaltsbudget der ein oder andere Euro für ein paar unbeschwerte Motorrad-Urlaubstage übrig. Zu guter Letzt unser Wunsch an das orange Christkind: ein veredeltes R-Modell der 390 Adventure unter 10.000 Euro, mit (eventuell größer dimensionierten) Drahtspeichenrädern, effizientem Windschild und hochwertigeren Fahrwerkskomponenten samt einer Extraportion Federweg. Man soll das Träumen schließlich niemals aufgeben...

 

 

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