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Christoph Lentsch
Autor: Mag. (FH) Christoph Lentsch
christoph.lentsch@motorrad-magazin.at
22.6.2021

Naked-Bike Vergleich 2021Mittelklasse Nakeds

Text: Clemens Kopecky, Fotos: Kurt Pinter

Gutes muss nicht immer teuer sein: Für jeden dieser fünf Midsize-Roadster müssen weniger als achtzehn lila Euro-Scheine hingeblättert werden. Hat Triumphs neue Einstiegsklasse das Zeug dem Topseller-Quartett aus Japan Kundschaft abspenstig zu machen? 

Allzeit ausreichende Fahrleistungen gepaart mit hohem Spaßfaktor, breitem Einsatzbereich, unkomplizierter Handhabung, preislicher Attraktivität und niedrigen Wartungskosten – auf der Suche nach ganz viel Motorrad für möglichst wenig Geld landet man zwangsläufig im Segment der „unteren Naked-Bike-Mittelklasse“. Seit Jahren gehören Yamaha MT-07, Kawasaki Z650, Honda CB650R und Suzuki SV650 zu den Topsellern in Österreich. 2020 wurden in Österreich von diesen vier Modellen insgesamt knapp tausend Exemplare neu zugelassen.

341 davon gehen auf das Konto der MT-07, mit 329 Stück der Z650 positionierte sich Kawasaki in Schlagdistanz auf Rang Zwei. Dieses Jahr will ein nackter Neuankömmling aus Großbritannien das Feld der Midsize-Nakeds aufmischen: Triumph offeriert mit der Trident erstmals in diesem Segment einen Dreizylinder, der obendrein mit moderner Elektronik und Premium-Look punkten will. Reicht das um die kürzlich aufgefrischte Yamaha vom Thron zu stoßen? Hat das japanische Quartett in der neuen Mitte vielleicht sogar ausgedient? Die Antwort haben wir im Kopf-an-Kopf-Duell erfahren. 

Zwei-, Drei- oder Vierzylinder, 68 bis 95 PS – besonders in Sachen Antrieb vertritt jeder Hersteller in der Aufstiegsklasse eine eigene Philosophie. Jedes Motorkonzept hat in der Praxis bekanntlich seine Vor- und Nachteile, die gravierendsten Unterschiede liegen naturgemäß beim Gewicht der rotierenden Massen und der  Topographie der Drehmomentkurve. Hier punkten die Twins mit ordentlichem Schub in beinahe jeder Lebenslage, während der Vierzylinder der Honda im kurvenreichen Winkelwerk auf verlorenem Posten steht. Selbst die Kawasaki Z650, nominell das schwächste Motorrad im Test, fährt der am Papier scheinbar unschlagbaren CB650R im Kurvenslalom auf und davon. Hondas lang übersetzter, kurzhubiger Reihen-Vierer giert nach konstanten Drehzahlen über 6500 Touren und erreicht sein maximales Drehmoment erst bei 9500. 

Die Twins dagegen fangen früh an zu schieben und behalten ihre Potenz über einen vergleichsweise weiten Bereich – wann immer die Drosselklappen geöffnet werden, der Pilot darf augenblicklich satten Vortrieb erwarten: Knapp vier Sekunden benötigen Z650, MT-07 und SV650 beim Durchzugstest von Tempo 60 auf 100. Der CB650R-Fahrer wartet ganze 1,5 Sekunden länger – oder schaltet zwei Gänge zurück. Die Leistungsdominanz der Honda entpuppt sich damit auf der Straße als reine Theorie, und auch sonst weckt der bewährte Antrieb keine großen Emotionen.

Besonders bei moderatem Tempo erschweren starke Lastwechsel dem Honda-Piloten das Leben. Nicht selten verhagelt die harte Gasannahme die angepeilte Linie, irritiert das abrupte Ruckeln beim Dahinrollen im dichten Stadtverkehr. Probleme, die man von den anderen Testkandidaten nicht kennt. Immerhin klappen die für flinkes Tempo permanent notwendigen Gangwechsel knackig und präzise – an der roten Laterne ändert das freilich nichts mehr. 

Auf der Suche nach engagiertem Vortrieb in jeder Lebenslage werden Leistungsjünger bei Yamaha viel eher fündig. Ihr seidiger, kultivierter CP2-Paralleltwin mit Hubzapfenversatz dreht frei und agil von Standgas bis knapp 8000 Touren und dominiert hier ziemlich unbestritten das Feld. Platz Zwei sichert sich der fabulös-seidige und dennoch äußerst kurzweilige Drilling der Trident, der herrlich gleichmäßig Kraft aufbaut und die Yamaha in höchsten Drehzahlen sogar noch zu überflügeln vermag.

Auf den Punkt gebracht: beim aristokratischen und überaus manierlichen Schub bis in hohe Drehzahlen kann dem Triple niemand das Wasser reichen. Wer lieber aus dem Drehzahlkeller mit schwebendem Vorderrad raketenhaft vorwärts presst, wird auf der sonst kaum weniger kultivierten MT-07 eher glücklich. 

Mit dem 645-Kubik-Aggregat der SV stellt Suzuki den einzigen Vau-Twin im Test, der sich obendrein schon einer beeindruckend langen Existenz erfreut. Dennoch gilt für ihn der Spruch: „Oldie but Goldie“ – ihr kräftig pulsierendes, charismatisches Herz ist ganz eindeutig der Hauptgrund, weshalb eine SV650 in der eigenen Garage noch immer Freude bereitet. In puncto Performance klebt sie besonders in der Drehzahlmitte verblüffend hartnäckig an den Fersen der eigentlich viel moderneren Yamaha.

Obwohl Suzuki Modernisierungsmaßnahmen beinahe schon sträflich vernachlässigt, ist bei der SV keine Rede von gravierenden Fahrspaß-Einbußen. Der Suzuki-Antrieb schmeckt wie ein guter Wein: auch im Alter noch delikat. 

Und der Kawasaki-Twin? Er steht ein wenig im Schatten der beiden anderen Zweizylinder, braucht sich dort aber keinesfalls verstecken. Zwar kann die Grüne weder mit Vau-Bauweise noch Zündversatz aufwarten, dafür aber mit einer starken Mitte und unkomplizierter Drehfreude. Obwohl der Z650 nominell am wenigsten Kraft zur Verfügung steht, hat sie keine Mühe im Windschatten das Tempo der Konkurrenz mitzugehen.

Ähnlich der SV650 ist allerdings auch ihre Laufkultur nicht ganz so ausgeprägt wie beim Rest des Feldes: Das freundliche Tuckern des Kawa-Twins versetzt mitunter Tank, Lenker und Sitz in Vibration. In der Praxis halb so schlimm und kaum störend, aber eben nicht jedermanns Sache. 

Funktionell, aber keinesfalls überladen oder übermäßig großzügig – das bringt die serienmäßige Ausstattung aller fünf Test-Kontrahenten auf den Punkt. Bei Kawasaki und Suzuki sind selbst LED-Dioden noch nicht an jeder Leuchtquelle Standard. Auf farblose, in Zeiten von Smartphones und Flachbild-Fernsehern schon ein wenig angegraute LCD-Bildschirme blickt man im Cockpit von Honda, Suzuki und Yamaha. Die mit Abstand besten Bordanzeigen montieren Kawasaki und Triumph.

Bei der oberen Hälfte des Trident-Rundinstruments setzt der Hersteller auf bewährte LCD-Technik, die Menüführung des TFT-Panels in der unteren Hälfte wird herrlich intuitiv und komfortabel über die linke Lenkerarmatur (wie sonst nur bei Yamaha) bedient. Um rund 240 Euro Aufpreis (oder als Teil des Technology-Packs) kann die Britin über eine App dann unter anderem navigieren, Anrufe annehmen oder die Musikwiedergabe steuern. 

Völlig ohne Extrakosten lässt sich das kontraststarke, große TFT-Instrument der Z650 mit dem Mobiltelefon verbinden – sie bietet derzeit aber einen geringeren Funktionsumfang als die Triumph, Bedientasten am Lenker sucht man vergeblich. Dennoch spielen diese beiden Cockpits in einer eigenen Liga, denn die Realität sieht besonders bei den Flüssigkristall-Anzeigen von MT-07 und CB650R im wahrsten Sinne des Wortes düster aus.

Durch den schwarzen Hintergrund und die teilweise kleine Schrift lässt die Lesbarkeit eine Menge Verbesserungspotenzial, der Funktionsumfang beschränkt sich besonders bei Honda auf das Notwendigste. Das ist auch beim LCD der Suzuki SV650 nicht anders - jedoch sind Schriftgröße und Kontrast dank schwarzer Schrift auf hellem Grund merklich augenfreundlicher.

Auf der Suche nach erstklassiger Verarbeitungsqualität und hochwertigen Materialien offenbaren sich Honda (mit der einzigen Alu-Schwinge im Test) und ganz besonders Triumph als Musterschüler – gut so, schließlich markieren die beiden in Thailand gebauten Fahrzeuge mit rund 9000 Euro Anschaffungspreis das obere Ende dieser Preisklasse.

Dementsprechend ist jede Schweißnaht liebevoll gezeichnet wie einst die Zierzeile im Mitteilungsheft, jedes Kabel akkurat am korrekten Platz versteckt. Eindrucksvolle Upside-Down-Gabeln gehören hier ebenso zum guten Ton wie deaktivierbare Traktionskontrollen, auf die man beim Rest des Vergleichsfeldes generell verzichten muss.

Während das System der eleganten Honda selten, dafür aber rustikal regelt, erweist sich die zweistufige Schlupfregelung der außergewöhnlich detailverliebt gefertigten Triumph mit rekordverdächtig häufigem Flackern der TC-Warnleuchte am Kurvenausgang als hyperaktiv – immerhin fallen die Interventionen kurz, sanft und damit kaum störend aus. Einsteiger dürfen im Sattel der Trident also dank elektronischem Sicherheitsnetz beschwingt am Gasgriff drehen, während Könner das höchst sensible System für gestreckten Galopp besser deaktivieren. 

Mangelhafte Verarbeitung gibt es zwar auch bei Z650 und MT-07 nicht zu bekritteln, auf den zweiten Blick lässt sich jedoch ein kleiner Rückstand auf Trident und CB650R nicht leugnen. Am rustikalsten wirkt zweifellos dennoch die Suzuki, deren verstaubtes Design beinahe schon dem Vintage-Segment alle Ehre machen würde.

Schade, denn ein paar optische Retuschen hätte die SV jedenfalls verdient: Nach einem Feinschliff bei Verarbeitung, Design und Instrument hätte sie dank ihres grandiosen Antriebs und des soliden Chassis nach wie vor das Zeug der Konkurrenz die Hölle heiß zu machen. Am Update führt trotz des attraktiven Aktionspreises von 7250 Euro jetzt kein Weg mehr vorbei, denn Kawasaki und Yamaha kosten jeweils nur 349 Euro mehr – und dürfen sich im Vergleich zur Suzuki fraglos mit dem Attribut „zeitgemäß“ schmücken.

Sämtliche Fahrzeuge im Vergleich sind auf 35 kW drosselbar und erfüllen damit die Vorgaben des A2-Führerscheins. Um es kurz zu machen: Alle fünf Kandidaten sind „easy going“ und spürbar auf Zugänglichkeit durch weniger routinierte Fahrer getrimmt. Dennoch empfehlen sich die quirligen Zweizylinder eher für Fahranfänger, da die spürbar geringeren rotierenden Massen des Antriebs die Agilität und Wendigkeit drastisch verbessern.

Mit Abstand das leichteste Leben haben Novizen im äußerst niedrigen, schlanken Sattel der Kawasaki Z650. Als einziges Fahrzeug im Vergleich ist bei ihr nicht nur der Brems-, sondern auch der Kupplungshebel in der Griffweite verstellbar, der obendrein noch ein Alzerl leichtgängiger ist als bei der Konkurrenz. Ihr ultrakompakter Körperbau samt engem Knieschluss vermittelt Vertrauen und lässt die Z650 auf Anhieb eine Nummer kleiner und entsprechend leichtfüßiger wirken als ihre Mitbewerber.

Das breit nutzbare Drehzahlband des lastwechselarmen 649-Kubik-Paralleltwins sorgt für zutrauliche Kontrollierbarkeit und wird geübteren Piloten dennoch nicht langweilig. Keine Frage – die ersten Schritte in der Motorradwelt sind mit der 188 Kilo leichten Kawa ein Kinderspiel, als erstes eigenes Motorrad nach bestandener Führerscheinprüfung ist sie die beste Wahl. 

Still und heimlich auf Platz zwei bei den Einsteigern positioniert sich die Suzuki. Ihr deutlich schwereres Fahrzeuggewicht macht sie durch ihren 785 Millimeter niedrigen (aber weniger soft gepolsterten) Sattel und ihr umgängliches Fahrverhalten wieder wett. Trotz seines hohen Spaßfaktors in geübter Hand überfordert der Vau-Twin sogar völlige Neueinsteiger niemals, beim Fahrverhalten brilliert die SV mit unkomplizierter Neutralität und flinkem Handling.

Nicht unerwähnt soll außerdem das exklusiv bei Suzuki verbaute „Low RPM Assist“ System bleiben: Es erleichtert das Anfahren, indem beim Einkuppeln die Motordrehzahl automatisch erhöht wird. Ein manuelles Gasgeben ist damit nicht unbedingt nötig, ein Abwürgen des Triebwerks somit fast unmöglich – was Anfängern besonders im Stop-and-Go-Verkehr entgegenkommt. 

Mit nur 184 Kilo vollgetankt präsentiert sich Yamahas MT-07 als leichtestes Naked Bike im Vergleich –  ihr höherer Sattel und der im Vergleich zu Kawasaki und Suzuki bereits bei niedrigen Drehzahlen spürbar engagierter nach vorne drängender Reihentwin fordern von Einsteigern jedoch eine Portion mehr Selbstvertrauen. Auch der breitere 180er-Hinterreifen verlangt nach deutlichen Lenkimpulsen und reduziert die Wendigkeit der Yamaha-Fuhre. Kawasaki und Suzuki tänzeln entsprechend flinker durch Pylonen-Slalom oder Landstraßen-Winkelwerk. Dafür belohnt die Yamaha mit dem ergonomischsten, geräumigsten Arbeitsplatz des japanischen Trios und ist für den Karrierestart Großgewachsener daher eine vernünftige Alternative. 

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Auch Triumph oder Honda eignen sich grundsätzlich für den Einstieg ins Motorradfahren, ihre Stärken können Drei- und Vierzylinder jedoch eher im sportlichen Fahrbetrieb und in den Händen routinierter Piloten ausspielen. Trotzdem fühlen sich ambitionierte Aufsteiger besonders hinter dem breiten Lenker der Trident schnell zu Hause, die obendrein mit der fortgeschrittensten Traktionskontrolle im Vergleich punkten kann.

Im Gegensatz dazu will die CB650R wegen der abrupten Lastwechselreaktionen und ihrer generellen Trägheit von jemandem pilotiert werden, der bereits weiß was er tut. 

Wer dennoch zu Anfang auf die steilste Lernkurve im Sattel eines Zweizylinder-Fahrzeugs verzichtet und die systembedingten Erschwernisse bewusst in Kauf nimmt, darf sich später mit Honda und Triumph über die verdienten Vorteile der nominell potenteren, edler verarbeiteten und generell „ausgewachseneren“ Naked Bikes erfreuen.

Geschmeidig und erwachsen gedämpft arbeiten die eher straff abgestimmten Fahrwerkskomponenten von Honda und Triumph – hier macht sich der Mehrpreis von über 2000 Euro auf die Konkurrenz fahrdynamisch am meisten bemerkbar. Front und Heck sprechen besonders an der Honda fein an und arbeiten tadellos synchron, sensiblen Naturen ist höchstens das knackige Setup der CB650R auf Bodenunebenheiten ein Alzerl zu sportlich.

Den längsten Radstand im Test kann die Honda durch ihren kurzen Nachlauf dennoch nicht ganz kompensieren. Bei der Wendigkeit erweist sich außerdem der vergleichsweise ausladende 15,4-Liter-Tank und der entsprechend breite Knieschluss als nicht optimal. Die CB bevorzugt daher nicht nur wegen ihres drehzahlorientierten Triebwerks übersichtliche Strecken mit flüssigen Kurvenradien. Abgesehen davon bietet sie ihrem Piloten eine tadellose Ergonomie mit breitem Lenker und entspanntem Kniewinkel – wie auch die Triumph Trident, die sich knapp die Komfort-Gesamtwertung sichert und obendrein agiler und müheloser durch enges Winkelwerk huscht. 

In puncto Handling kann die leichtfüßige Britin beinahe in der Liga der Zweizylinder mitspielen, bei der generellen Souveränität ihres Fahrwerks muss sie sich der Honda knapp geschlagen geben. 

Mit deutlichem Abstand folgen Kawasaki, Suzuki und Yamaha – allesamt ziemlich auf Augenhöhe. Herrlich beweglich sind sie zweifellos, ganz besonders die Z650. Je enger der Streckenverlauf, desto mehr brillieren die zweizylindrigen Handling-Wunder – bei der Eleganz ihrer Dämpfung können sie Honda und Triumph aber nicht das Wasser reichen.

Hier stoßen die dünnen Gabeln und unterdämpften Zentralfederbeine naturgemäß früher ans Limit. An der MT-07 trübt außerdem der frühe Bodenkontakt der Fußraster den sonst soliden Eindruck beim beschwingten Kurventango. Dafür offeriert die Yamaha mit nun breiterem und zurückversetztem Lenker den geräumigsten, ergonomischsten Arbeitsplatz der drei Twins. Großgewachsene hadern bei SV650 und besonders Z650 mit spitzem Kniewinkel und eingeschränkter Bewegungsfreiheit, die eigenwillig starke Lenkerkröpfung an beiden Naked Bikes wirkt obendrein wie ein Relikt vergangener Tage.

Kaum eine Schwäche leisten sich die fünf Kontrahenten bei den Bremsanlagen. Kraft und Dosierbarkeit der Verzögerung sind durch die Bank souverän. Besonders fein beißen die Zangen der CB650R in die Stahl-Doppelscheiben an der Front. Bei der Transparenz des Bremsdruckpunkts unseres Trident-Testfahrzeugs bleibt dagegen Luft nach oben.

Egal ob Motor oder Chassis, Triumphs neue Trident wird sportlichen Ansprüchen in jeder Hinsicht gerecht. Egal ob enge Serpentinen oder weite Radien, sie macht als Bewegungstalent auf jeder Bühne gute Figur. Lenkpräzision, Agilität, Stabilität, Power - die Trident erweist sich schon in ihrem ersten Modelljahr als tadelloser Allrounder, dessen eleganter Auftritt nicht im Widerspruch zur fabulösen Fahrdynamik steht. Ein gelungener Kompromiss, im besten Sinne. Daran können auch kleine Mankos bei der Abstimmung von Traktionskontrolle und Frontbremse nichts ändern. 

Ernsthafte Konkurrenz hätte sie nur von der ähnlich wertig gefertigten Honda zu erwarten, die jedoch vor allem wegen ihrer gravierenden Durchzugsschwäche im Kapitel Sportlichkeit scheitert. 

Kaum aus dem Windschatten der Trident zu schütteln sind dagegen Yamaha MT-07 und – recht überraschend – die in die Jahre gekommene SV650. Der MT-07 verhilft ihr rundes Gesamtpaket und der kürzliche Feinschliff an Lenker, Dämpfung und Gasannahme zu beeindruckender Performance. Aber auch der nach wie vor charismatische Vau-Twin der Suzuki in Kombination mit dem sonst soliden, unspektakulären Chassis reicht völlig, um in gestrecktem Galopp ein breites Grinsen unter den Helm zu zaubern.

Unterhaltsam ist zwar auch die quirlige Kawasaki Z650, sportliche Ambitionen kann sie wegen des schwächsten Motors im Vergleich, der beengten Platzverhältnisse in ihrer tiefen Sitzkuhle und ihres starken Fokus auf Handlichkeit nicht dauerhaft befriedigen. 

Auf der Suche nach dem besten Mittelklasse-Roadster spielt das individuelle Nutzerprofil eine entscheidende Rolle. Zu welcher Motor-Bauweise hat man eine Affinität? Über welches Fahrkönnen verfügt der Pilot? Steht ultimative Wendigkeit, potenter Vortrieb oder gutmütige Unkompliziertheit ganz oben auf der persönlichen Wunschliste? Wird das Motorrad auf Jahre zum dauerhaften Begleiter, oder ist der nächste Lebensabschnittspartner schon am Horizont zu erahnen? Je nach Antwort auf diese Fragen fällt das Urteil subjektiv aus.

Fest steht: Ein schlechtes Motorrad ist in der getesteten Preisklasse definitiv nicht zu finden. 

Selbst die ein wenig angegraute Suzuki SV650 fährt sich deutlich dynamischer als es ihr gehobenes Alter vermuten lässt. Nach wie vor wäre ihre tadellose Unkompliziertheit ein legitimer Kaufgrund, wäre da nicht um je 7599 Euro die Konkurrenz von Kawasaki und Yamaha. Hier ist das Design für nur ein paar Euro mehr deutlich trendiger und frischer.

Auch sonst führt in puncto Preis-Leistung kaum ein Weg an Z650 und MT-07 vorbei: Einsteiger sind mit der kompakten, spielerisch-agilen Kawa besser bedient und dürfen sich obendrein über ein farbenfrohes Cockpitinstrument freuen. Die Elektronik-Ausstattung der Yamaha ist vergleichsweise rustikal, dafür erweist sich ihr druckvoller 270-Grad-Twin bei niedrigen und mittleren Drehzahlen als unschlagbar – selbst für die nominell kräftigere Konkurrenz von Honda und Triumph, die obendrein mit Mehrkosten von jeweils 1400 zu Buche schlägt. 

Hand aufs Herz: Mehr Fahrspaß als eine MT-07 bieten auch die teureren Drei- oder Vierzylinder-Motoren nicht, ihr vermeintliches Power-Plus können sie erst oberhalb von 7500 Touren ausspielen. Trident und CB650R sammeln jedoch mit gediegener Verarbeitung, wertigen Chassis-Komponenten und damit satterer Straßenlage Bonuspunkte – die Honda verspielt sie wegen ihres durchzugsschwachen, ruckeligen Triebwerks jedoch gleich wieder. 

Objektiv betrachtet kristallisieren sich in der Allround-Wertung also Yamaha MT-07 und Triumph Trident als heißeste Eisen des Vergleichs-Quintetts heraus. Die Japanerin bietet das beste Gesamtpaket zum kleinsten Preis, während der Britin wegen ihres erwachsenen, kultivierten Auftritts und der gediegenen Machart auf Anhieb die Herzen zufliegen.

Auch in Sachen Elektronik katapultiert sich die Trident in ihrer ersten Saison ansatzlos zum Klassenprimus und feiert in unserem Vergleich eine gelungene Premiere. Mit üppigen 16.000 Kilometern Serviceintervall muss die Triumph obendrein seltener für Wartungsarbeiten in die Werkstatt – das zeugt von Selbstvertrauen bei der Robustheit und tröstet über die teuersten Anschaffungskosten im Vergleich hinweg. 

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