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Clemens Kopecky
Autor: Mag. (FH) Clemens Kopecky
clemens.kopecky@motorrad-magazin.at
7.9.2020

ABS Wheelie Bar im TestSteil ist geil

Die Beherrschung des Motorrad-Einradfahrens wird von vielen unwissenden Nicht-Könnern ungerechter Weise als „Angeberei“ abgestempelt. Dennoch gehört der „Wheelie“ trotz seiner Einfachheit zu den beeindruckendsten Zweirad-Stunts – die imposante Einlage unterhält nicht nur das Publikum, das meisterhafte Balancieren am Hinterrad erzeugt auch beim Piloten Glücksgefühle – ähnlich dem Surfen auf einer Welle.

Der Autor bekennt sich seit vielen Jahren zur Wheelie-Sucht, die er bevorzugt in einsamen Ecken unter Ausschluss der Öffentlichkeit befriedigt um sich ungestört dem Endorphin-Rausch hinzugeben. Der Weg zur Perfektion war jedoch lang und steinig: erst auf einem abgesperrten Parkplatz eine Handbreit Luft unterm Vorderrad einer Yamaha XT600, dann Kupplungs-Drill mit der Sportenduro im Wald, gefolgt von den ersten echten „Wheelies“ mit einer Supermotard auf der Kartstrecke. Wo gehobelt wird, fallen bekanntlich auch (und nicht nur) Späne: abgesehen von zahlreichen Fehlversuchen im Gelände schüttelte mich 2007 eine steil aufgebäumte KTM 690 SM auf der Kart-Bahn gnadenlos nach hinten ab. Während ich glücklicherweise mit dem Rücken (statt nicht selten dem Gesicht) am Asphalt detonierte und nach Luft schnappte, blieb die KTM unversehrt: ihre starke Motorbremse hatte die Front wieder auf den Boden gebracht, das Fahrzeug rollte weiter und kippte abseits der Strecke einfach um.

Dennoch wäre der Unfall damals nicht passiert, hätte es die ABS Wheelie Bar gegeben, über die wir durch Zufall im Internet gestolpert sind. Kurz gefasst betätigt dieser neue Wheelie-Trainer beim Überschreiten eines voreingestellten Winkels zwischen Fahrzeug und Fahrbahn rechtzeitig die Hinterradbremse (daher ABS – „Automatic Brake System“) und verhindert so einen schmerzhaften, teuren Rückwärtssalto. Das wäre eigentlich die Aufgabe des Piloten, der während eines Wheelie prinzipiell stets den Fuß über dem Bremspedal haben sollte. Aber gerade nervöse Anfänger scheitern bei den ersten Versuchen vor lauter Schreck oft am rettenden Tritt auf die Bremse.

Die aus Südkorea stammende und in Rekordzeit (3 Werktage) nach Österreich versendete ABS Wheelie Bar bietet hier ein ideales Sicherheitsnetz. Der aus CNC-gefrästem, eloxiertem Aluminium, zwei Stahl-Profilen, einer Inlineskate-Rolle und einer Stahlfeder samt Drahtseil bestehende Heck-Ausleger wird simpel an die Hinterradschwinge geklemmt. Überschreitet der Pilot beim Wheelie den „sweet spot“ (der ideale Balancewinkel) nach hinten, bewegt die am Asphalt aufsetzende Skate-Rolle über ein Gelenk den vorderen Teil der Wheelie-Bar nach unten. Das hier befestigte Stahlseil zieht mittels Karabiner-Befestigung nun das Bremspedal nach unten, durch die Verzögerung wird das Vorderrad abgesenkt.

Entgegen der ersten Befürchtung passiert der rettende Eingriff dank zwischengeschalteter Feder überraschend sanft, mit einem kleinen Gasstoß kann das Vorderrad auch wieder an den Kipppunkt zurückgebracht werden. So „pendeln“ Wheelie Novizen zwischen Trainer-Intervention und erneutem Gasstoß und bekommen ein absolut authentisches Gefühl für einen ideal ausbalancierten Wheelie. Tipp: Für die ersten Versuche verkürzen weniger Mutige besser per Gabelschlüssel das Drahtseil - so wird die Vorderrad-Maximalhöhe entsprechend limitiert, der perfekte Kipppunkt kann so aber nicht völlig erreicht werden.

Unterm Strich verdient die zuerst skeptisch beäugte ABS Wheelie Bar allergrößtes Lob: Konstruktion, Verarbeitung, Funktion und Zuverlässigkeit überzeugen auf ganzer Linie. Dennoch darf nicht unerwähnt bleiben, dass beim Probanden neben ein wenig Mut vorab schon die Grundlagen des Wheeliesierens vorhanden sein sollten: wer keine Ahnung von Gasstoß, Kupplungseinsatz und Gewichtsverlagerung hat, wird auch mit der ABS Wheelie Bar das Vorderrad nicht vom Boden bekommen. Außerdem eignet sich der patente Trainer ausschließlich für Motorräder mit Schwinge rechts und hoch montiertem Auspuff Endtopf (Supermotards und Enduros sind ideal), damit Montage und kollisionsfreie Funktion gewährleistet sind. Perfekt geeignet sind zum Beispiel die Husqvarna 701 SM oder KTM 690 SMC R.

Zu guter Letzt sollte außerdem ein Wheelie-Könner vorab die Stahlseil-Länge grundeinstellen, damit der Novize bei allzu abruptem Einkuppeln nicht sofort mit furchteinflößend hohem Vorderrad über das Privatgelände katapultiert wird. Den Anschaffungspreis von 300 US-Dollar ist die ABS Wheelie Bar zweifelsfrei wert: im Fall des Falles wäre jeder Ersatzteil deutlich teurer, von den körperlichen Schmerzen ganz abgesehen.

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