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Minibikes Vergleich 2020Honda Monkey, Brixton Crossfire 125 XS, Benelli TNT 125
Kleinere Menschen haben große Vorteile: Sie haben mehr Platz im Bett, müssen weniger essen und können ihre Kleidung in der Kinderabteilung kaufen. Kleine Motorräder haben auf den ersten Blick keine besonderen Pluspunkte: Man wird schlechter gesehen, kann nicht oder nur schwerlich zu zweit fahren und sitzt drauf wie der Affe auf dem Schleifstein. Doch auch die Motorradzwerge sind mehrheitlich pragmatischen Überlegungen entwachsen.
Sie sollten Platz sparende, leicht transportable und von jedermann fahrbare Fortbewegungsmittel für Camper, Ausflügler und Großstädter sein, was vor allem den kompakten Zuschnitt erklärt. Die prototypische Honda Monkey gilt als Urmutter dieser Gattung. Sie wurde zunächst allerdings nicht unter wirtschaftlichen und anwendungsbezogenen Aspekten entwickelt, sondern war tatsächlich eine Attraktion im Tama-Tech Vergnügungspark von Soichiro Honda – und somit ein reines Spielzeug. Vielleicht erklärt das, warum in diesen Kindchenschema-Krädern so viel Sympathie, Jugendlichkeit und Lebensfreude steckt.
Honda Monkey. Eins merkt man dem kleinen Äffchen sofort an: Honda will sich auch im Liliput-Land bezüglich Fertigungsqualität und Sorgfalt im Detail nichts nachsagen lassen. Alles blitzt in Chrom und je nach Lackfarbe in Bananengelb, Zuckerlrot oder Pianoschwarz. Sogar die Federn der Stereo-Dämpfer sind in Fahrzeugfarbe lackiert. Dass das auch seinen Preis hat, soll uns jetzt nicht sofort den Spaß verderben, im Gegenteil. Auch in ihrer jüngsten Auflage gibt einem die Monkey das Gefühl, man würde sie noch genau so lange fahren können, wie sie bereits auf der Welt ist; bis man den knuffigen Wonneproppen in ein paar Jahrzehnten dann seinem Enkel zum Sechzehnten übergibt.
An Langlebigkeit dachten wohl auch die Techniker von Honda, als sie ihrem 125-er-Viertakter nur 9,4 PS spendierten. Zudem sind Antrieb und Übersetzung sehr defensiv ausgelegt – wohl auch deshalb, dass man sich unmöglich nach hinten überschlagen kann. Doch ihre Natur liegt nicht im Randalieren, sondern im Relaxen. Sie ist von den dicksten Reifen, über das soft abgestimmte Fahrwerk bis zum fett gepolsterten Sitz am komfortabelsten ausgelegt. Umso mehr wundert es, warum eine Monkey keinen zweiten Passagier zulässt – was mit dieser Geometrie und einem Radstand von 1155 Millimetern praktisch unmöglich wäre.
Sicherheit geht bei Honda eben vor und so wundert es auch nicht, dass sogar dem 107 Kilo leichten Floh ein IMU-gesteuertes ABS mit Überschlagschutz eingepflanzt wurde. Das minimiert das Risiko beim Bremsen und vermittelt dem Fahrer ein vertrauenswürdiges, sicheres Gefühl. Angesichts der Fahrleistungen könnte man aber durchaus darauf verzichten und hätte mit einem CBS mehr Spaß beim Bremsen.
Benelli TNT 125. Der sportlichste Beitrag in diesem Trio steht zwar nicht in direkter Konkurrenz zur Monkey, sondern eher zur MSX 125, Letztere scheint aber hierzulande nicht mehr in der Preisliste auf und bietet daher keine Alternative zur Italo-Chinesin. Das kleine Pulverfass ähnelt am stärksten einem richtigen Naked Bike und ist auf den ersten Blick ziemlich erwachsen ausgestattet: Die Gabel ist upside-down eingebaut, der prominente Stahl-Gitterrohrrahmen rot lackiert, die Lichtanlage LED und der Auspuff doppelläufig und scharf wie die ebenfalls roten Bremssättel. Im störungsfrei arbeitenden Getriebe finden sich fünf statt nur vier Gänge wie bei der Monkey – was die fehlende Ganganzeige noch schmerzlicher vermissen lässt.
Doch die Übersetzungsvielfalt führt nicht nur zu einem knackigeren Antritt, sondern auch zum höchsten Topspeed im Vergleich: 113 Stundenkilometer waren am digitalen Tacho mit analogem Drehzahlmesser abzulesen; laut Zulassungsschein sollte die TNT nur echte 95 gehen. Besonders freut den Fahrer die stabile Kurvenlage, die relativ hohe Präzision und der ruhige Geradeauslauf des mit 129 Kilogramm leichten Minibikes; und als Einziger darf er sich darüber freuen, dass er sogar der Sozia angemessenen Komfort bieten kann.
Bei einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 301 Kilo dürften die Passagiere im Tandem sogar bis zu 172 Kilo wiegen. Ob mit den 11 PS und 10 Newtonmetern dann noch Meter zu machen sind, ist allerdings anzuzweifeln. Mit ein paar Zubehörteilen wie Lenkergewichten oder Öleinfüllschrauben in verschiedenen Farben lässt sich das poppige Pocketbike noch etwas dekorieren. Die beste Wahl für jene, die auf die Optik eines ausgewachsenen Streetfighters nicht verzichten wollen.
Brixton Crossfire 125 XS. Mit streng militärischer Form-follows-function-Optik inklusive Stoppelbereifung nimmt der Scrambler im Taschenformat seine Konkurrenz schon beim Show-Off ins Kreuzfeuer. Die deutlich offroad-lastigere XS-Variante der Crossfire 500 X würde gut ins Heck eines Kampfpanzers passen, damit man mobil bleibt, wenn mal wieder eine Mine die Kette rausschmeißt. Würden Hobbits heute Krieg führen, wäre das die erste Wahl der kleinen Kradmelder.
Obwohl sie am Papier die zirka 11 PS der Benelli nicht toppen kann und ebenfalls über fünf Gänge verfügt, die nicht ganz so sauber wechseln, ist sie mit ihrem luftgekühlten Achtelliter am spritzigsten und witzigsten ausgelegt. Das 1690 Millimeter kurze Bike wheelt nämlich endlich so, wie wir uns das eigentlich auch von den anderen Kandidatinnen mit ultrakurzem Radstand erwartet hätten, nämlich kontrollier- und berechenbar, aber bissig genug, dass Könner wie Anfänger damit Spaß haben können. Der Einsatzbereich der Crossfire ist naturgemäß breiter als bei TNT und Monkey.
Während man sich auf der Campingwiese und am Güterweg guten Gewissens mit allen dreien fortbewegen kann, wenn es erdig und schlammig wird, ist die stoppelbereifte Brixton aber erst so richtig in ihrem Element. Zu beachten ist jedenfalls, dass man aufgrund der niedrigen Bauweise auch selbst garantiert wie eine Wildsau aussieht, wenn man mit dem Scrambler im Dreck wühlt. Sie fühlt sich ein bisschen so an wie eine Kettensäge auf zwei Rädern, also ein waschechtes Fichtenmoped.
Dementsprechend aggressiv beissen auch die Bremsen: Die Hinterradbremse blockiert schon fast zu leicht und könnte Einsteiger anfangs überraschen. Auch hier wird der Fahrer nur von einem CBS statt einem ABS unterstützt, aber ganz ehrlich, so ein kombiniertes Bremssystem macht ohnehin viel mehr Spaß als eine Stotter-Bremse.
Fazit: Die Kleinstmotorräder von Benelli und Brixton wollen keine Copycats des Miniatur-Monuments Monkey sein, sondern verkörpern unterschiedliche Wesensformen des Kleinbikertums. Die TNT ist schlicht ein eingedampftes Naked Bike mit Zitaten aus der eigenen Geschichte, nimmt aber auch Anleihen von anderen italienischen Marken. Mit auffälligen Details und cleveren Custom-Akzenten wirkt sie wie getuned und dürfte den Titel Kleinster Streetfighter der Welt verdient haben.
Dennoch bietet sie am meisten Platz und als Einzige einen Sozius. Um Komfort oder Alltags-Pragmatik schert sich die Crossfire 125 XS nicht viel, dementsprechend wird dem Fahrer einiges abverlangt, wenn er oft oder weit fährt – was mit dem 11 Liter Tank kein Problem ist. Fahrdynamisch ist sie nicht weniger radikal ausgelegt wie optisch und lädt sehr bald zum Herumblödeln ein, was man sich von einem Kampfzwerg im taktischen Design durchaus erwarten darf.
Die Funwertung geht eindeutig an die Brixton. Gemütlich und gesetzt geht es schließlich mit der Urmutter der Schrumpftöpfe dahin. Sie spricht vor allem jene Nostalgiker unter uns an, die sich heute einen Traum von gestern erfüllen wollen, ohne sich mit der Technik aus jener Zeit abmühen zu müssen. Drei gute Dinge verkörpert die konkurrenzlos sparsame Monkey noch immer wie kein anderes Minibike: Camping, Strand und Sonne.