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BMW S 1000 XR 2020Frische Superbike-DNA
Obwohl BMW auf der EICMA 2019 die von Grund auf neuentwickelte F 900 XR für die Tourer-Mittelklasse präsentiert, ist für kommende Saison auch ihr Oberklasse-Pendant nicht in Vergessenheit geraten. Die S 1000 XR wird seit ihrer Markteinführung 2015 bekanntlich von einer tourentauglich getrimmten Variante des Reihenvierzylinders aus dem BMW-Superbike befeuert. Weil die S 1000 RR vor einem Jahr technisch runderneuert wurde, liegt es daher auf der Hand, dass jetzt auch das reisefreundliche „Adventure Sports Bike“ mit XR-Kürzel von den jüngsten Optimierungsmaßnahmen am feurigen Antrieb profitiert.
Wie ihr Superbike-Organspender soll auch die S 1000 XR für einen perfekten Spagat zwischen Sportlichkeit und Reisetauglichkeit nun noch leichter, wendiger und in Sachen Elektronik ausgefeilter sein. Die Neuauflage der Tausender-XR bringt 2020 dank neu entwickeltem Motor (analog zu S 1000 RR) und Fahrwerk moderate 226 Kilo auf die Waage – satte 10 Kilo weniger als ihr Vormodell. Dynamic ESA, Fahrmodi Pro, ABS Pro (vulgo Kurven-ABS), DTC, Hillstart Control Pro, Voll-LED-Licht (adaptives Kurvenlicht samt Tagfahrlicht gegen Aufpreis verfügbar) und ein riesiges 6,5-Zoll-TFT inklusive Connectivity (siehe F 900 R/XR) sind serienmäßig an Bord. Das farbenprächtige Cockpitinstument wird über das Multicontroler-Daumenrad am linken Griff bedient. Der erfahrungsgemäß hervorragende Schaltassistent Pro (up & down) steht leider weiterhin auf der Sonderausstattungsliste.
Das frisch gezähmte Superbike-Triebwerk der S 1000 XR ist 5 Kilo leichter als sein Vorgänger, leistet in Touring-Setup weiterhin 165 PS bei 11 000 U/min und stemmt 114 Newtonmeter bei 9250 U/min auf den Asphalt. Die Verdichtung des technisch von Grund auf runderneuerten, kompakteren Aggregats wurde von 12:1 auf 12,5:1 erhöht. Im Unterschied zum Vormodell soll die Kraftentfaltung nun noch gleichmäßiger, fülliger und damit harmonischer sein, verspicht BMW. Um die Geräuschentwicklung und den Verbrauch (angeblich 8 Prozent) zu reduzieren, wurde die Edelstahl-Abgasanlage komplett neu konstruiert (minus 10 Prozent / 1,2 Kilo Gewicht) und das Getriebe in den Stufen 4 bis 6 länger übersetzt. Neben einer leichtgängigeren (minus 20 Newton, jetzt 65 Newton Bedienkraft) und selbstverstärkenden Anti-Hopping-Kupplung verfügt auch die neue S 1000 XR (wie auch ihre Mittelklasse-Schwester F 900 XR) erstmals über eine Motor-Schleppmoment-Regelung (MSR). Elektronisch geregelt, verhindert MSR das durch abruptes Gaswegnehmen oder Zurückschalten verursachte Rutschen des Hinterrades. Fahrmodusabhängig werden die Drosselklappen in Millisekunden so weit geöffnet, dass das Schleppmoment passend reduziert wird um das Hinterrad im Haftreibungsbereich zu halten.
Rahmen und Schwinge wurden insgesamt 2,1 Kilo abgespeckt, alleine die neue Zweiarm-Schwinge reduziert die ungefederte Masse um 1,6 kg. Dank direkter Anlenkung soll sie ein besonders sensibles Ansprechverhalten garantieren. Zudem übernimmt der Reihenvierzylinder im Chassis eine wesentlich stärker mittragende Funktion als bisher.
Während die neue S 1000 XR wie erwähnt serienmäßig über die jüngste Generation des elektronischen ESA-Fahrwerks mit neuen Dämpfer-Ventilen verfügt, muss man für „Dynamic ESA Pro“ einen Aufpreis in Kauf nehmen. Damit stehen zwei Dämpfungsmodi (Road, Dynamic) und ein automatischer Beladungsausgleich (bei Fahrten mit Sozia und/oder Gepäck) zusätzlich zur Verfügung. Erstmals bei der S 1000 XR unterstützt auch der dynamische Bremsassistent (DBC: Dynamic Brake Control) den Fahrer bei Bremsmanövern.
Ab Werk verfügt der hubraumstarke XR-Tourer über die vier Fahrmodi „Rain“, „Road“, „Dynamic“ und „Dynamic Pro“. Letzterer ist individuell konfigurierbar: Neben Gasannahme, Motorbremse, ABS-Regelung und Traktionskontrolle kann erstmals die Wheelie-Kontrolle (inklusive eines neuen Settings mit dem vielversprechenden Namen „Power-Wheelie“) getrennt konfiguriert werden. Die Interventionen der Assistenzsysteme werden auf Basis einer neuen 6-Achsen-Sensorbox kalkuliert.
Durch ein optimiertes Layout des schmaleren Hauptrahmens, der Tankflanken und der Karosserieteile im Sitzbereich will BMW bei der neuen S 1000 XR eine bessere Abstützung für den Piloten und einen spürbar kompakteren Knieschluss erreicht haben. Einen Feinschliff hat man auch den Kontaktflächen und dem Dreieck zwischen Lenkerenden, Sitzfläche und Fußraster verpasst. Gegenüber dem Vorgängermodell rückt der Fahrer zudem um 20 Millimeter weiter nach vorn, was verbessertes Vorderrad-Feedback zur Folge haben sollte. Ein 30 Millimeter schmalerer Lenker soll laut BMW kleineren Piloten das Rangieren erleichtern. Die Lenkerklemmblöcke sind ebenfalls neu: eingepresste Gummibuchsen sollen für eine wirksamere Entkopplung von Vibrationen und Schwingungen sorgen ohne dabei die Lenkpräzision zu beeinträchtigen, versprechen die Bayern.
Die neue S 1000 XR wird zum Basispreis von 19.950 Euro ab 25. April 2020 bei den Österreichischen Händlern verfügbar sein. Basisfarbe ist „Ice Grey“, gegen Aufpreis erhältlich ist die Lackierung in „Racingred/Weißaluminium“.
Bildergalerie der BMW S 1000 XR 2020: