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Motron X-Nord 125 TestKremser Easyjet
Text: Guido Gluschitsch, Fotos: Kurt Pinter
Ich bin ja Freund der kleinen Kubaturen und der E-Mobilität, wie die geneigte Leserin, der rare Leser vermutlich schon mitbekommen hat. Ich zieh das stringent durch. Nicht nur bei den Mopeds. Ich wohne in einem Tiny-House in einer kleinen Gemeinde in einem kleinen Bundesland, mir ist die Bouteille lieber als der Doppler, und ich hab den Staubsauger mit dem kleinsten Staubbeutel der Welt. Oder ich saug so selten, dass er jedesmal nach einer Hausrunde voll ist. Jedenfalls, ich bin da ganz anders als der Kollege Jessner.
Der, immer nur riesige Motorradl – alles mit einem Hubraum unter einem Liter bekommt für gewöhnlich den Namen einer schon längst aus der Zeit gefallenen Küchenmaschine. Trinken tut er anscheinend richtig viel – Wasser anscheinend – eine Vermutung – ich kenn nur das riesige Trinkflaschl auf seinem Mountainbike.
So und wie komm ich jetzt zurück zu dem, was ich eigentlich erzählen wollt? Ah ja. Dass nicht nur der Jessner ein anerkannter Experte in Sachen motorisiertes Zweirad ist, sondern bittschön, unter uns, auch in der Ausbildung dorthin nicht mehr allzu weit habe, erkennen wir an dem Motorradl, um das es heute geht – und damit ist die Katze nun endlich mit dem Schlecker in der heißen Milch: Ich hab diesmal einen Prototypen ausgefasst. Supergeheimes Projekt.
Gut, bis Sie das Heft in Händen halten, dürfte die Motron X-Nord schon genau so, wie ich sie gefahren bin, im Handel sein. Aber he. Prototyp ist Prototyp. Nicht zu verwexeln mit einem Prolotyp. Der sei angeblich schon am Prototypen gesessen, hörte ich bei der letzten Redaktionskonferenz, kurz vor dem Redaktionsschluss zu diesem Heft.
Und sind Sie schon draufgekommen, dass entweder ich einen Blödsinn geschrieben habe, oder Sie mit dem Namen Motron nix anfangen können? Falls es anders sei, und Sie schon voll im Bilde sind, Motron genau kennen, Bewerbungen nimmt die Chefredaktion gern an. Die sammeln die in einer großen Schublade.
Darum, ja, Motron stimmt schon. Das ist die neue Marke von der KSR Gruppe in Krems, die ja schon mit Brixton groß aufgezeigt haben, zu denen Malaguti gehört, Lambretta, Italjet und Royal Enfield, um nur ein paar zu nennen. Motron passt gut in den Konzern, der sich auf E-Mobilität und eben, trara, kleinere, robuste Kubaturen konzentriert.
Die X-Nord ist eine Einzylinder-125er mit 9,3 kW, 13 PS die im perfekten Big-Enduro-Trimm dasteht. Und nicht nur das. Anders als andere Reiseenduros mit kleinen Motoren, kann man die X-Nord auch perfekt im Stehen fahren, da druckt nix, da zwickt nix, da ist nix im Weg. Und damit kann sie weit mehr als nur den Easyjet in der Stadt zu machen, sondern meistert auch die eine oder andere Offroadpassage mühelos. Abenteuer also inklusive. Und sei es nur der schmale Weg durch die Büsche, hin zum geheimen Badeplatz am versteckten Schotterteich.
Am meisten taugt es ihr aber, wie zu erwarten, schon auf der Straße. Da passt das Fahrwerk dann besser. Klar, die Abstimmung ist, wenn man auf viel Elektronikschnickschnack verzichtet, ein Kompromiss, den man eingehen muss. Würde man die Federn weicher machen und fürs Gelände besser abstimmen, wurdert man auf der Tangente vermutlich spätestens bei der gesperrten Ausfahrt Simmering seekrank – wurscht, von wo man grad kommt. Und Haupteinsatzzweck der X-Nord wird natürlich die Straße sein. Darum passt das schon so.
Ich gehe sogar davon aus, dass wir die X-Nord vorwiegend in der Stadt und im Speckgürtel sehen werden. Weil sie so handlich und wendig ist – hinten rollt sie auf einem 120er-Radl – sticht man ohne Zittern durch jede Kolonne an der Ampel anstandslos in die Pole-Position und spart sich so schnell einmal eine Viertelstunde. Eine weitere dann beim Parkplatzsuchen. Wissma eh.
Aber auch die Tour am Wochenende ist mit der 125er nicht ausgeschlossen. Erstens sitzt man gemütlich auf der X-Nord, 95 km/h rennt sie auch und bei einem Normverbrauch von deutlich unter drei Liter kann man das ersparte Spritgeld leicht in zwei, drei Nachspeisen investieren. Und da sind wir schon wieder einmal beim Geld. Ist aber in dem Fall nicht tragisch, denn die Motron X-Nord 125 kostet nigelnagelneu nicht einmal drei Plärra. Bei 2.990 Euro soll der Preis am Ende liegen. Da kann man sich dann sogar noch das Tourenpaket überlegen, selbst wenn man wie ich, auch bei der Geldbörse gewohnt ist, mit kleineren Kubaturen umzugehen. Insgesamt haben die beiden Seiten- und das Topcase ein Volumen von 70 Litern. Falls auch Sie eher mit kleineren Gebinden zufrieden sind, reicht das Topcase mit seinen 33 Litern wohl voll auf.
Drei Farben gibt es zur Auswahl, weiß, schwarz und genau in der Mitte, grau. Was sie nicht hat, ist ein ABS. Dafür aber ein CBS, also eine Kombinationsbremse, die ihre Arbeit sehr gut macht. Wer nur in die hintere Bremse steigt, verzögert also trotzdem elegant, weil der vordere Anker auch mitbeißt. Und am Armaturenträger fehlt auch nix. Voll digital. Alles da was man braucht. Und Voll-LED ist sich um den Preis auch noch ausgegangen. Günstiger kann man nur mehr in den eigenen Latschen reisen. Das einzige Gebiet übrigens, wo ich es wegen Schuhgröße 47, mit den kleinen Kubaturen nicht so habe.