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Peter Schönlaub
Autor: Peter Schönlaub
peter.schoenlaub@motorrad-magazin.at
19.8.2024

Midsize Reiseenduro VergleichMitte zum Zweck

Kaum eine andere Klasse ist mittlerweile so stark segmentiert wie jene der Reiseenduros. Da gibt’s die Kleinen und die Mittleren, die auf Offroad Fokussierten mit 21-Zoll-Vorderrad, die Bärenstarken mit bis zu 170 PS, die Budgetfreundlichen und die Abgehobenen. In diesem breit gestreuten Ambiente einen halbwegs homogenen Vergleich zusammenzustellen, ist keineswegs mehr einfach. 

Eine sinnvolle Leitlinie ergab die Neuheitenselektion der aktuellen Saison. Gleich drei neue oder zumindest stark modifizierte Modelle lassen sich in vertretbarem Rahmen vergleichen: die völlig neue Moto Guzzi Stelvio ordnet sich mit ihrem 115 PS starken 1042-Kubik-Motor in der gehobenen Mittelklasse ein. Ihr 19-Zoll-Vorderrad und nicht ausufernde Federwege deuten den primären Verwendungszweck auf der Straße an. Dorthin orientieren sich auch die jeweils stark überabeiteten Bestseller von Honda und Triumph: die Africa Twin Adventure Sports und die Tiger 900 GT Pro. Letztlich baten wir noch die im Vorjahr aufgefrischte und gut passende Suzuki V-Strom 1050 zum Tanz.

So ergab sich ein Feld von vier Adventurebikes im Hubraumbereich zwischen 900 und 1100 Kubik und im Leistungsspektrum zwischen 102 und 115 PS, allesamt mit 19-Zoll-Vorderrad, frei von übertriebener Offroad-Koketterie und angemessen edler Bestückung. Bikes, die nicht überzogen wirken, andererseits aber genügend Power, Performance und Luxus mitbringen, um auch die Herzen zu bewegen – also vier grundsolide und sympathische Begleiter mit Sexappeal. 

Und damit starten wir in die Berge.

ANTRIEB

Es ist schon erstaunlich, dass vier Bikes, die konzeptgemäß auf den gleichen Zweck abzielen, so unterschiedliche Wege zum Ziel wählen: Wir haben einen Reihen-Zweier, einen Dreizylinder und zwei V2-Motoren, allerdings einmal längs, einmal quer eingebaut.

Ziemlich einig ist man sich lediglich bei Hubraum und Leistung, wobei hier auch kuriose Verdrehungen zu finden sind: Das Bike mit dem höchsten Hubraum – die Honda – weist mit 102 PS die geringste Leistung auf, schlägt dafür beim Drehmoment zu. Das Bike mit dem geringsten Hubraum – die Triumph – hat wiederum beim Drehmoment das Nachsehen, dafür mit 108 PS die zweithöchste Leistung nach der Moto Guzzi.

Auf der Straße verschwimmen diese Abweichungen, die Performance nivelliert sich in der gelebten Realität, vor allem aufgrund des Gewichts: Die Bikes mit der höchsten Leistung (Guzzi) und dem höchsten Drehmoment (Honda) sind gleichzeitig die beiden schwersten Modelle im Feld, so liegen auf der Straße alle vier in etwa gleichauf.

Nicht jedoch beim Charakter der Motoren. Die spektakulärste Show zieht natürlich die Guzzi ab, mit dem größten (aber gutem!) Getöse und dem ausgeprägtesten Vibes. Leicht enttäuschend ist freilich, dass man diesen großen V2 ordentlich drehen muss, um zu den Honigtöpfen der Kraft zu gelangen. Dies macht sich am Ende auch durch den höchsten Verbrauch im Feld bemerkbar, der allerdings immer noch im Rahmen bleibt. Zwischen dem sparsamsten und durstigsten Bike (Triumph und Guzzi) liegt in unserem Test gerade ein Liter.

Die Guzzi benötigt außerdem am meisten Handkraft für die Kupplungsbetätigung, was im Alltag oder für weniger muskulöse Fahrerinnen und Fahrer auf Dauer mühsam werden kann; der optionale Quickshifter war bei unserem Testbike leider nicht verbaut. Durch die vergleichsweise lange Übersetzung fühlt sich der Motor allerdings auf der Autobahn sehr souverän an, mit tiefem, bassigen Sound, der dennoch nicht nervt.

Deutlich dezenter als bisher – aber immer noch charakterstark – tritt der große Reihen-Zweier in der Africa Twin auf. Er profitiert zudem durch mehr Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich, was nebenbei ein harmonischeres Zusammenspiel mit dem Doppelkupplungsgetriebe begünstigt. Das 1300 Euro teure DCT, verbaut bei unserem Dauertestbike, ist natürlich weiterhin eine Glaubensfrage, bewegt sich aber nun auf einer Reifestufe, die noch mehr Jünger um sich versammeln sollte. Die Honda konsumiert ein wenig mehr Sprit als die Kollegen von Suzuki und Triumph, was freilich auch am hohen Lebendgewicht liegt; dazu kommen wir später noch. Und auch wenn der Motor dezenter als bisher auftritt: Die Explosionen in den großen Brennkammern werden immer noch gut vermittelt, der Motor lebt und bebt weitaus stärker als bei den beiden folgenden Bikes.

Etwa der Suzuki: Der klassische, seit Jahren verfeinerte V2 tritt elegant und mustergültig abgestimmt auf. Er hat ohne Zweifel von unten den schönsten Druck, hängt exzellent am Gas und hält sich akustisch angenehm im Hintergrund. Ein Standgeräusch von nur 88 dBA unterstreicht das soignierte Auftreten, die zweitbesten Praxis-Verbrauchswerte fügen sich hier ebenfalls ins Bild. Gemeinsam mit der leichtgängigen Kupplung und einem superbem, serienmäßigen Quickshifter (der nur von jenem der Triumph übertroffen wird) konnte der auf den ersten Blick unspektakuläre V2 der Suzuki alle Testfahrer am besten umgarnen.

Auch die Triumph spielt weit vorne mit. Dass man sie aufgrund des geringsten Drehmoments etwas höher drehen muss, um die seit heuer stark gepushte Performance auszukosten, macht in der Alltags- und Tourenpraxis keine Mühe, zumal sie serienmäßig über einen Quickshifter verfügt, der als Referenz für all seine Kollegen gelten kann. Egal ob bei hohen Drehzahlen oder beim Short-Shift: die Gangwechsel funktionieren jederzeit ruckfrei und seidig. 

Auch der Triple gibt sich elegant, beherrscht das Gleiten übers Land perfekt, hängt aber um eine Spur weniger direkt am Gas als der V2 der Suzuki. Sein Bestwert: die geringsten Verbrauchswerte im Test.

FAHRWERK

Mechanisch oder elektronisch? Die Honda Africa Twin Adventure Sports setzt seit diesem Modelljahr nur mehr auf ein gänzlich elektronisches Fahrwerk, das EERA von Showa. Verbunden wird dies mit Federwegen, die trotz einer starken Einkürzung über den Winter noch immer die klar längsten im Feld sind: 210/220 Millimeter übertreffen die kürzesten Federwege von Suzuki um glatte fünf beziehungsweise sechs Zentimeter.

Erstaunlicherweise kann die Honda diese Ausstattungen nicht direkt ummünzen, etwa in einem markanten Vorteil im Komfort. In dieser fürs Reisen so wichtigen Disziplin liegen Honda, Suzuki und Triumph in etwa auf gleichem Niveau; ganz kritisch betrachtet würden wir sogar der Triumph das sanfteste Fahrwerk attestieren, aber hier war sich das Testteam uneins – was für die geringen Unterschiede in diesem Bereich spricht.

Die langen Federwege führen bei der Honda trotz der elektronischen Komponenten dazu, dass sie beim harten Bremsen an der Front am stärksten eintaucht; auch hier schlägt sich das hohe Gewicht unseres Testbikes durch. Wir haben sie mit 263 Kilo gewogen, was einen kleinen Exkurs notwendig macht. Denn eine davon abgeleitete Vermutung, Hondas Ingenieure würden bei der Africa Twin Adventure Sports auf das Thema Gewicht pfeifen, wäre grundfalsch. Um hier für Fairness zu sorgen, müsste man zunächst zehn Kilo für das DCT abziehen – und dann wohl zehn weitere für die am Dauertester montierten, großen Sturzbügel aus Stahl, die Zusatzscheinwerfer, die Topcaseplatte und die im Vergleich zu Alu-Gussrädern schwereren Speichenfelgen. Dann wäre die Africa Twin Adventure Sports auf einem Level mit der Suzuki V-Strom 1050, die wir mit 243 Kilo gemessen haben – und hätte trotzdem noch den voluminösen Tank mit knapp fünf Liter mehr Sprit und das elektronische Fahrwerk mit langen Federwegen. Im Grunde muss also eigentlich das Gegenteil vermerkt werden: Die Grundkonstruktion der Honda fällt vergleichsweise leicht aus – nur die Summe der Ausstattungen treibt das Gewicht in die Höhe.

Diese Ausrede gilt für die Moto Guzzi nicht. Sie ist zwar auf der Waage sieben Kilo leichter als die Honda, hat aber als einziges Motorrad nicht einmal einen Hauptständer an Bord – geschwiege denn weiteres, schweres Zubehör. Dieses doch hohe Gewicht spürt man, vor allem beim Rangieren, auch wenn sie von einem gegenüber der Honda eindeutig tieferen Schwerpunkt profitiert. 

Das Fahrwerk der Guzzi ist klar das straffste im Vergleich, das hat uns schon beim Erstkontakt (Ausgabe 2/24) überrascht. Stöße werden weniger gut entschärft als bei den anderen, dafür bleibt die Italienierin bei harten Bremsmanövern bockstabil. Ein praktisches Handrad erleichtert das Justieren der Vorspannung als Reaktion auf verschieden Beladungszustände.

Ein solches besitzt auch die Suzuki, die von uns wie im Antriebskapitel die Bestnoten erhält. Obwohl sie die kürzesten Federwege im Vergleich mitbringt, ist der Komfort über Zweifel erhaben. Dazu kommen eine Präzision und eine Klarheit im Feedback, die wir später beim Fahrspaß noch loben werden. Damit wird auch das insgesamt gar nicht so geringe Gewicht von 243 Kilo vollgetankt gut kaschiert.

Das Federgewicht im Vergleich ist die Triumph – obwohl sie um einen Zylinder mehr besitzt als die anderen und eine reichhaltige Luxusausstattung. Auch in puncto Federwege liegt sie nach der Honda auf Rang zwei. Trotzdem messen wir nur 227 Kilo mit randvollem Tank, also um 15 weniger als bei der Suzuki – Kompliment!

AUSSTATTUNG

In der technischen Ausstattung gibt sich keiner der Probanden eine Blöße: schräglagensensitive Assistenzsysteme für das ABS und die Traktionskontrolle sind überall Standard; genauso wie übrigens ein Tempomat, LED-Scheinwerfer oder auch TFT-Technologie bei den Displays. 

Abgesehen davon lässt sich dennoch ein Ausstattungskaiser identifizieren: die Triumph Tiger. Hier sind die Schalter beleuchtet, die Griffe beheizt, ja sogar die Sitze werden elektrisch gewärmt. Mit sieben Zoll verfügt sie über das größte Display und über ein elektronisches Federbein, das eine Verstellung per Handrad obsolet macht.

Connectivity beherrscht serienmäßig auch die Africa Twin Adventure Sports, sogar via Apple CarPlay und Android Auto. Bei Guzzi muss man dafür aufzahlen, bei Suzuki hat man sich diese Entwicklungsarbeit gänzlich gespart. Dafür bekommt man hier wie bei der Triumph den Quickshifter ohne Extrakosten; bei Honda und Guzzi ist dies nicht der Fall. Dort sind wiederum die Kurvenfunktionen der Scheinwerfer im Kaufpreis enthalten. 

Ein vollständig elektronisches Fahrwerk ist Alleinstellungsmerkmal der Africa Twin Adventure Sports. Dies ist durch den deutlich höchsten Kaufpreis bereits abgedeckt. Und nur bei der Guzzi erspart man sich die Kettenpflege, Kardan sei Dank, und zoomt den Windschild elektrisch in die Höhe.

FAHRSPASS

Beginnen wir bei unserem Favoriten, gekürt in ausgewogener Einigkeit aller Testfahrer (was selten genug der Fall ist): der Suzuki V-Strom 1050. Das Fahren mit ihr ist geprägt von Harmonie; der angenehme Motor läuft weich, aber druckvoll von unten, das Fahrwerk ist komfortabel, aber präzise, das Einlenken geht leicht von der Hand, dennoch verfügt die Suzuki über hohe Stabilität in Schräglage und beim Bremsen, vermittelt dabei glasklares Feedback. Unterm Strich: Sie ist unkompliziert, souverän und auch sportlich, wenn es zwischendurch einmal sein soll. Als Draufgabe gibt es dann noch die am besten dosierbaren Bremsen. Chapeau!

Die Triumph profitiert von ihrer Leichtigkeit, sie ist in Wechselkurven sogar noch eine Spur agiler als die Suzuki, besitzt aber nicht deren Stabilität, wirkt etwas unruhiger. Im direkten Vergleich erreicht sie auch nicht die Präzision der V-Strom, liegt im Komfort aber auf demselben Niveau, vielleicht sogar eine kleine Spur besser. Die Highspec-Bremsen (Brembo Stylema!) sorgen für knackige Verzögerung, allerdings auch nicht mit jener feinfühligen Dosierung der Suzuki-Anlage.

Die Stärken der Africa Twin Adventure Sports liegen ganz klar im entspannteren Spektrum des Fahrens, speziell mit DCT, das einem beim Gleiten – und nun auch durchaus beim flotten Gleiten! – die Schaltarbeit abnimmt. Immer wieder erstaunlich: wie gut es ihr gelingt, beim Fahren das hohe Gewicht zu kaschieren. Ja, beim harten Anbremsen wird es spürbar, auch bei schnellen Wechselkurven, aber das Einkippen in Schräglage funktioniert easy, die Stabilität ist hoch. Und den Federungskomfort haben einige Testkollegen als den höchsten im Feld eingestuft.

Bleibt die Guzzi, die in diesem Quartett die spitzeste Auslegung mitbekommen hat. Auch sie kaschiert beim Einlenken ihr Gewicht exzellent, wobei sie von den Rotationskräften der längs liegenden Kurbelwelle profitiert: Sie kippt quasi auf telepathischem Befehl in Schräglage. Diese Leichtigkeit bezahlt man aber mit einem kleinen Verlust an Präzision, auch Korrekturen in Schräglage benötigen entschlossene Impulse. Insgesamt ist das Feedback vom Fahrwerk nicht so transparent wie auf Suzuki  und Triumph. Sehr gut, wie schon erwähnt: Die Stabilität beim harten Verzögern, wobei die Bremse fest zupackt, aber im Initialbiss fast zu forsch.

Und dennoch: Der Fahrspaß ist auch mit der Guzzi enorm, unterfüttert vom befriedigenden Gefühl, hier einen kleines Mammut zu zähmen. Dafür wäre man einst in der Eiszeit sicher Häuptling geworden.

REISEN

Auch hier können wir zu Beginn das hohe Niveau aller beteiligten Modelle loben, und gerade in dieser Disziplin zeigt sich: Für gepflegtes, komfortables Reisen muss man nicht mehr zur leistungsstarken Oberklasse greifen. Diese Bikes liegen in Sachen Komfort, Windschutz, Reichweite, Sicherheit und Hightech längst auf Augenhöhe mit den um einige Tausender teureren Premium-Adventurebikes.

Bestes Beispiel: Die Moto Guzzi Stelvio kommt serienmäßig mit elektrisch verstellbarem Windschild und optionalem Doppelradar für Tote-Winkel-Überwachung, Spurwechselwarner, Kollisionswarner und auf Wunsch auch mit einem Abstands-Tempomaten. Vor allem der elektrische Windschild ist gelungen und sorgt für sehr guten, jederzeit portionierbaren Schutz. Mit ihrem strafferen Fahrwerk und generell mehr Aufmerksamkeit, die man aufs Fahren verwenden muss, ist die Guzzi dennoch eine kleine Spur anspruchsvoller als die anderen Bikes. Nicht zuletzt verfügt sie über die rechnerisch kürzeste, freilich mit 360 Kilometer immer noch üppige Reichweite. Nochmals in diesem Kapitel erwähnenswert: der praktisch wartungsfreie Kardan.

Rund 100 Kilometer weiter kommt man mit der Africa Twin Adventure Sports, ein Segen des 24,8-Liter-Tanks. Sie verschreibt sich generell dem Thema der Fernreise, kommt gleich mit zwei Steckdosen für allerlei Gerätschaften und einem Windschild, das sich hoch in den Wind zoomt; leider braucht man für die Bedienung beide Hände, muss also stehenbleiben. Das geht besser, wie wir noch sehen werden.

Mit üppig gepolsterten Sitzen, ausladender, sogar dem Regen trotzender Verkleidung und dem gutmütigen Fahrwerk lässt es sich einfach und stressfrei Touren, wobei hier das bei unserem Dauertester applizierte DCT einmal mehr die Hauptrolle übernimmt: Es ist in der Lage, lange Tagesetappen über sieben oder 70 Berge nochmals ermüdungsfreier zu gestalten.

Mit der Suzuki spart man Kräfte aufgrund ihrer Simplizität, und dies ist ein Kompliment. Sind die paar justierbaren Parameter einmal auf die eigenen Vorlieben eingestellt, kann man sich getrost dem Fahren widmen, das seinerseits extrem spielerisch abläuft – wir haben’s geschildert. Auch der Windschutz ist superb, allerdings in seiner Verstellmöglichkeit der schlechteste im Vergleich. Dass man hier sogar absteigen und einmal rund ums Motorrad laufen muss, ist ein Holler sondergleichen. Ein kleines Handicap mag auch die geringste Zuladung im Vergleich sein: mit 197 Kilo liegt man zehn Kilo unter Honda und Guzzi, sogar 20 unter der Triumph.

Wie man das Thema der Windschildverstellung zeitgemäß löst, tanzt die Triumph vor: Man greift den Windschild an seiner Strebe mit einer Hand an und stellt ihn in der gewünschten Höhe ein – so einfach kann’s gehen. Der Schild selbst ist im Vergleich ziemlich kompakt geschnitten, was sich im Schutz bemerkbar macht: Der Helm wird bei Körpergrößen bis rund 1,80 Meter gut aus dem Luftstrom genommen und bleibt auch frei von Verwirbelungen, aber der Körper wird doch deutlich stärker als bei den anderen Bikes vom Fahrtwind beaufschlagt.

Ansonsten geriert sich die Tiger 900 als exzellentes Reisebike. Sanft, komfortabel, vibrationsfrei, geräumig, reichweitenstark – und wie schon erwähnt mit dem besten Quickshifter weit und breit ausgerüstet. 

UND OFFROAD?

Unserer Meinung nach werden in dieser Klasse die vermeintlichen Offroad-Qualitäten durch spektakuläre Werbevideos deutlich zu stark in den Vordergrund gestellt. Diese Liga, speziell mit 19-Zoll-Vorderrädern, lässt sich mit modernen, vierrädrigen SUV vergleichen: Leichte Schotterpassagen sind alleweil möglich, schweres Gelände sollte man besser meiden.

Und wenn’s doch komplizierter wird? Dann gewinnen jene Bikes, die weniger wiegen, ganz klar. Gewicht ist neben der Bereifung das entscheidende Kriterium im Offroad-Terrain, somit reihen wir die Suzuki und Triumph nach vorne.

FAZIT

Ursprünglich wollten wir keinen Sieger küren, denn wir waren (und sind eigentlich immer noch) der Ansicht, dass es unter diesen vier Bikes kein schlechtes gibt, sondern lediglich unterschiedliche Charaktere, die verschiedenen Vorlieben entsprechen. Diese herauszuarbeiten und am Ende zu empfehlen, wer mit welchem Modell glücklich wird, das war unser ursprünglicher Ansatz.

Und doch kam es anders, wir küren hiermit einen überraschenden Testsieger: die Suzuki V-Strom 1050. Als Underdog gestartet verblüffte sie uns alle mit ihrem harmonischen Auftreten, dem exzellenten Fahrwerk, einem grandiosen Motor und den feinen Bremsen. Sie leistet sich – abgesehen von der kruden Windschild-Verstellung – keine Schnitzer, allenfalls enttäuscht sie noch jene, die sich ein Connectivity-System wollen, denn ein solches gibt es nicht. Wer aber die Essenz einer angenehmen Reiseenduro will, noch dazu zum besten Preis des Quartetts, der bekommt hier ein offenbar unschlagbares Paket.

Auf den Fersen ist ihr die Triumph Tiger 900 GT Pro, die angesichts ihrer Topausstattung ein finanziell ebenso attraktives Angebot schnürt. Sie ist komfortabel und pflegeleicht, besitzt den besten Quickshifter, das größte Display und moderne Connectivity, dazu jede Menge Fahrmodi und ein elektronisches Federbein, das mühselige Handschrauberei überflüssig macht. Mit dem geringsten Gewicht gibt sie sich ebenso unkompliziert, will aber für spritzige Leistung gedreht werden und erreicht nicht jene Fahrpräzision der Suzuki.

Als Genussmittel für Weit- oder gar Weltreisende versteht sich die neueste Generation der Africa Twin Adventure Sports: Für diesen Zweck geriet sie ausladend, einigermaßen komplex und auch mit dem imposantesten Preiszettel im Vergleich. Einmal in Fahrt entfaltet sie ihr freundliches Wesen, schluckt auch heftige Zuladungen mit einem Achselzucken. Dazu kommt das DCT, das sich mittlerweile eine eigene Fangemeinde erarbeitet hat und nach wie vor ohne Konkurrenz geblieben ist. Bei der Fahrdynamik kann sie hingegen nicht mit den anderen mithalten, speziell in unserem Test-Trimm mit üppigen Zubehörpaketen an Bord.

Einen völlig andere Zugang wählte Moto Guzzi für die neue Stelvio. Sie zeigt den stärksten Charakter von allen Kontrahenten und sprach mit ihrem coolen, italienischen Design auch alle Tester an. Wären nicht das hohe Gewicht und das für viele etwas zu straffe Fahrwerk, dann wäre die Stelvio nochmals deutlich mehrheitsfähiger. So richtet sie sich an jene, die an sportliche Gangart gewöhnt sind, den lombardischen Bären gerne höher drehen und sich am Schütteln und Sprotzen des V2 erfreuen. Damit längere Distanzen zu absolvieren stellt überhaupt kein Problem dar, auch wenn nicht alles so geschmeidig und leichtfüßig von der Hand geht wie mit den anderen Bikes in diesem Vergleich, speziell der Suzuki und Triumph. Vieles macht Guzzi schon richtig, und ein paar Eigenheiten verzeiht man ihr gerne für ihre herrliche Italianità.

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