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Ducati: Driftin and slidinDucati Hypermotard V2
Leichter, stärker, noch mehr “hyper”. Zwanzig Jahre nach dem spektakulären EICMA-Debüt der ersten Hyper legt Ducati die vierte Generation auf – und die heißt jetzt programmatisch Hypermotard V2. Ein neuer 890-ccm-V-Zweizylinder mit variabler Einlasssteuerung, 120 PS und 94 Nm drückt zusammen mit vielen anderen Verbesserungen das Gesamtgewicht um 13 kg gegenüber der alten 950er. Dazu kommt aus Italien einmal mehr ein frisches, radikal kompaktes Design: Die Zutaten lesen sich wie die Blaupause für eine Rückkehr zum alten Outlaw-Image aus Bologna – allerdings mit allerfeinster 2026er-Technik.
Optisch zitiert die V2 die 1100er-Ikone: Doppelflügel-Seitenteile am Tank, schwebendes Heck mit hochgezogenem Doppelauspuff, dazu eine sehr moderne Front mit markantem Doppel-DRL. Das Motorrad wirkt kleiner, straffer, aufgeräumter – und vermittelt so genau die Leichtigkeit, die man bei einer Hypermotard sehen will. Und das noch exklusivere SP-Modell setzt mit großem SP-Schriftzug, weißen Schmiederädern, Carbon-Kotflügeln und goldenen Öhlinselemente bei nochmals reduziertem Gewicht wie zu erwarten noch eine Stufe höher an.
120 PS, 94 Nm und viel Schmalz von unten. Der völlig neue 890-ccm-V2 ist Ducatis leichtester Zweizylinder (54,4 kg) und kommt mit IVT (variabler Einlass-Ventilsteuerung). Das Ergebnis ist bekannt: ein breites, über einen großen Drehzahlbereich nutzbares Band – über 70 % des Maximaldrehmoments liegen schon bei 3.000 U/min an! Nach oben dreht der Twin trotzdem über 11.000 U/min. Ducati hat die Übersetzungen gegenüber dem Vormodell verkürzt und damit die Beschleunigung weiter gesteigert. Erfreulich ist, dass eine Ventilspielkontrolle nur alle 45.000 km fällig ist, was den Servicebedarf bei den erwartbaren Jahreskilometerleistungen einer Supermoto drastisch reduziert. Bemerkenswert: Trotz aller Macht will Ducati auch eine A2-Version (35 kW) liefern, die dann im entdrosselten zustand wohl nur 95 PS leisten darf. Ein wesentliches Detail, um die Power flott auf den Asphalt zu bringen, ist der neue Quickshifter 2.0. Noch harmonischere Gangwechsel und noch kürzere Schaltwege werden dabei von Ducati versprochen.
Der V2 ist in einem gegossenen Aluminium-Monocoque verankert, das zugleich als Airbox dient – eine Lösung, die Gewicht spart und zur spürbaren Kompaktheit beiträgt. Standard: voll einstellbares Kayaba-Fahrwerk und Gussräder mit Pirelli Diablo Rosso IV. Die V2 SP ist noch deutlich hochwertiger ausgestattet: Öhlins NIX30/STX46, Sachs-Lenkungsdämpfer, geschmiedete Aluräder (-1,56 kg rotierende Masse) mit Rosso IV Corsa und eine aufgerüstete Brembo-Front (M50-Sättel). Beide Versionen kommen mit 2×320-mm-Scheiben vorne.
Eine 6-Achs-IMU orchestriert Cornering-ABS (4 Stufen inkl. „Slide-by-Brake“ in Level 2), DTC, DWC und EBC. Vier Riding Modes (Race, Sport, Road, Wet) sind frei anpassbar. Neu ist das 5-Zoll-TFT (16:9) mit Road/Road Pro/Track-Layouts und „Blütenblatt“-Joystick; DPL (Launch Control) und Pit Limiter sind bei der SP Serie. Komfortfeatures wie Coming-Home-Licht und Ducati Brake Light EVO (Warnblinken bei Notbremsung) runden das Paket ab, Smartphone-Kopplung samt Turn-by-Turn ist vorbereitet.
Gewichte, Zahlen, Versionen: Hypermotard V2: 180 kg fahrfertig ohne Sprit, Kayaba-Fahrwerk, Brembo M4.32, Pirelli Diablo Rosso IV.
Hypermotard V2 SP: 177 kg, Öhlins-Fahrwerk, Brembo M50, geschmiedete Räder, Rosso IV Corsa; u. a. mit Lithium-Batterie. Beide Modelle haben einen 12,5-l-Tank, Alu-Zweiarmschwinge und einen seitlich montierten Federbein-Zugang für schnelles Vorspannungs-Verstellen.
Sagen wir es offen: Hypermotards waren noch nie Vernunftprodukte. Das ist auch gut so. Sie leben davon, dass man sie fühlt: breiter Lenker, schmale Taille, sofortiger Punch – und dann dieses freche Heck mit den hochgelegten Töpfen. Die V2 wirkt wie ein „best of“ aus 1100er-Attitüde und 2020er-Elektronik. Der Monocoque-Ansatz ist in dieser Klasse unüblich und verspricht messbare Agilität. Wenn die neue Übersetzung und der IVT-Twin on-road so spontan reagieren, wie es die Daten vermuten lassen, könnte das die bislang spielerischste Hyper werden – mit genug Feinsinn, um auch auf Landstraßen eine saubere Linie zu halten. Auf die SP mit ihren leichteren Rädern und dem feinfühligen Öhlins-Setup sind wir besonders neugierig: Genau dort entscheidet sich, ob aus der Hypermotard wieder ein Hype wird.
