
peter.schoenlaub@motorrad-magazin.at
Triumph Bonneville Bobber Black im testSCHWARZ WIE DIE PRACHT
Der Rest entspricht zur Gänze dem bekannten Modell, was sicher kein Fehler ist. Kein anderes Bike hat sich in der 115-jährigen Geschichte schneller verkauft, erzählen die Briten; die eigenen Verkaufserwartungen seien um das zweieinhalbfache übertroffen worden.
Das ist kein Wunder, denkt man, steht man wieder einmal vor dem Bobber: Die Silhouette mit dem Einzelsattel und dem frei stehenden Hinterrad, das scheinbar an einen Starrrahmen gekoppelt wird, ist genauso einmalig wie einnehmend. Und kein anderer Cruiser-/Bobber-Frabikant der Welt verwendet aktuell so viel Liebe auf schön gemachte Details wie Triumph: Abdeckungen, Logos, Oberflächen, Schalter – alles fein gearbeitet und hochwertig ausgeführt.
Und dann gibt’s ja noch den Clou der verstellbaren Ergonomie: Wie bei der normalen Bonneville Bobber kann man den Einzelsattel mit schnellem Werkzeugeinsatz um ein paar Zentimeter nach vorne/oben oder nach hinten/unten verschieben. Parallel dazu lässt sich das Instrument per Schnellspanner lösen und in der Neigung verstellen – alles sehr gescheit und geschickt gemacht.
Jetzt aber nichts wie hinauf auf den Sattel und hinein in die Kurven. Erste Befürchtungen, der fette Reifen könnte die Agilität beeinträchtigen oder ein ungewolltes Eigenleben entfalten, erweisen sich rasch als unbegründet. Im Gegenteil, der kleinere Raddurchmesser begünstigt sogar das Einlenkverhalten; ein Handlingwunder wird die Bobber aber dadurch auch nicht. Immerhin, ein flüssiges Surfen durch die Kurven verbreitet beste Laune, auch das Zusatzgewicht wird hier nicht aufdringlich. Und in einer Disziplin ist die Bobber Black tatsächlich deutlich besser als ihr chromglänzender Verwandter: Dank der saftig dimensionierte Bremsanlage sind nun markige Verzögerungsleistungen abrufbar, die von der Showa-Cartridge-Gabel souverän aufgefangen werden – da gibt’s kein übles Eintauchen, sondern erfreuliche Stabilität selbst bei engagierten Manövern. Mit Sicherheit die aktuelle Referenz unter den Bobbern dieser Klasse.
Eine Referenz ist weiterhin auch der Motor, der ein Idealfall für jene ist, die Charakter mit guter Performance verbinden wollen. Das feiste Drehmoment von 106 Newtonmeter entfaltet sich schon ab niedrigen Drehzahlen, dazu orgelt der Motor lustvoll durchs Band, bietet dabei das exakt richtige Maß an Vibrationen – genug, um den Herzschlag des Motors nachzuspüren, aber nie so viel, dass es nervt. Eingebettet wird der Schub des Motors in eine schöne, tiefe Klangwolke, die sich aus Auspuffsound und den Ansauggeräuschen der Airbox (die ohrengünstig unter dem Sattel positioniert ist) zusammensetzt.
Was ist noch auf der Habenseite? Der Sattel ist bequem, die Bedienbarkeit einfach, die technische Ausstattung hoch. Die Assist-/Rutschkupplung lässt sich extrem leichtgängig ziehen, dazu gibt’s eine abschaltbare Traktionskontrolle und die beiden Fahrmodi Rain/Road. Auch fein: Die ultraniedrige Sitzhöhe von 690 Millimeter. Außerdem gibt’s mehr als 120 Zubehörteile, die hochwertig gefertigt, passgenau und leicht zu montieren sind, wie wir bei unserem 2017er-Dauertest der Street Scrambler selbst erfahren haben.
Und auf der Sollseite? Hier finden sich einige Problemzonen, die Cruiser oder Bobber in ihrer Allgemeinheit betreffen. Zum einen ist da die begrenzte Schräglagenfreiheit, die natürlich dem coolen Look samt flachem Aufbau geschuldet ist. Auch der kurze Federweg von nur 77 Millimeter am Heck fällt in diese Kategorie; dass man hier eine gewisse Härte in Kauf nehmen muss, versteht sich von selbst. Die Sitzposition mit zentraler Fußrasterposition ist ebenfalls nicht besonders langstreckentauglich, was gut zum kleinen 9-Liter-Tank passt, der häufig an die Tankstelle zwingt. Knapp über vier Liter gibt Triumph als Normverbrauch an, bei unserer sehr flott gefahrenen, kurvenintensiven Testfahrt waren’s allerdings 5,7 Liter – da lernt man viele Tankwarte kennen.
Unser erstes Resümee: Mit der Bobber Black bietet Triumph nun ein charismatisches, zweites Geschmackserlebnis im Cruiser-Segment. Der Look ist dramatischer, das Fahren eine Spur lustiger, die Ausstattung noch hochwertiger – ein überzeugender Bobber, der den Fahrspaß mit dieser Art von Geräten auf ein neues Level legt. Dass man für die Black einen guten Tausender mehr hinblättern muss (15.950 Euro in Österreich!), ist freilich eine ebenso selbstbewusste Ansage und erinnert einmal mehr an den Spruch des legendären Starfotografen Helmut Newton: Wer viel zahlt, kann auch mehr zahlen.