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Suzuki GSX-R1000R IM TestThunder in Down under
Dank „Variable Valve Timing“ verspricht Suzuki satte 202 PS bei 13.200 Touren – ein beeindruckender Wert, der eindeutig als Kampfansage an die Konkurrenz von BMW, Yamaha, Honda und Co. gewertet werden muss. Wie VVT genau funktioniert, erklärt unsere Rubrik „Wissen ist Macht“ in der aktuellen Motorradmagazin-Printausgabe 8/2016. Wie es sich in der Praxis anfühlt, konnten wir heute bei unserer ersten Testfahrt auf der australischen Rennstrecke von Phillip Island am eigenen Leib erfahren. Kurz zusammengefasst: unglaublich!
Nicht nur bei der Spitzenleistung präsentiert sich die brandneue GSX-R1000 bärenstark, besonders in Sachen Durchzug bei niedrigen und mittleren Drehzahlen dürfte die Suzuki tatsächlich die Latte höher legen. Einfach unvorstellbar wie der kompakte Reihenvierzylinder mit Schlepphebel-Betätigung der Titanventile durch das Drehzahlband feuert. Selbst als der Tacho des digitalen LCD-Cockpits im sechsten Gang die 280 km/h Marke knackt, ist beim besten Willen kein Abbruch des phänomenalen Vortriebs absehbar, und am Kurvenausgang wird die Gangwahl fast zur Nebensache degradiert: die GSX-R1000 katapultiert ihren Piloten schon ab rund 6000 Touren schwungvoll aus dem Radius. Kein Zweifel – dieses Triebwerk ist ein Meisterwerk und hat das Zeug zum Champion. Mit Ride-by-Wire, 10-stufiger Traktionskontrolle, 3-Achsen-Schräglagensensor, Kurven-ABS und drei Riding-Modes ist die Suzuki auch in Sachen Elektronik am Puls der Zeit. Die von uns getestete R-Version brilliert außerdem mit Launch Control und fabulösem Quickshifter (up & down).
Statt auch dem Trend zu elektronischen Fahrwerken zu folgen, vertraut Suzuki bei der 203 Kilo schweren GSX-R1000R jedoch auf ein mechanisches Balance-Free-Fahrwerk von Showa. „Elektronische Fahrwerke verfügen noch nicht über die Performance, die wir für unser Flaggschiff erwarten“, zeigt man sich bei Suzuki überzeugt. Über die Notwendigkeit einer semiaktiven Dämpfung lässt sich bekanntlich herrlich streiten, Tatsache ist jedenfalls: die Showa-Komponenten (BFF und BFRC lite Federbein) der von uns getesteten GSX-R1000R um 20.890 Euro sind allerfeinst, selbst im Renneinsatz werden ambitionierte Hobby-Racer nicht zusätzlich in ein Fahrwerkstuning investieren müssen – ein Urteil, das sich die Edel-Suzuki auf der anspruchsvollen, High-Speed-MotoGP-Strecke von Philipp Island hart verdienen musste. Beim Standard-Modell der GSX-R1000 um 17.490 Euro verbaut Suzuki dagegen konventionelle Ware (Showa Big Piston Gabel und konventioneller Dämpfer), das Modell stand uns für Tests jedoch nicht zur Verfügung.
Auch der Charakter des 20 Millimeter schlankeren Chassis lässt keine Wünsche offen und trifft haargenau den Kompromiss zwischen Stabilität und Handling. Der ohnehin schon kurze Nachlauf wurde weiter gekürzt, der Radstand wächst jedoch auf 1420 Millimeter. Das fahrdynamische Resultat: neutrales, widerstandsloses Einlenken, Gelassenheit bei Topspeed und flinke Schräglagenwechsel ohne nachdrückliche Lenkimpulse.
Hand aufs Herz: wir haben natürlich erwartet, dass die neue GSX-R1000 ein großer Schritt nach vorne sein würde. Dass sie so fantastisch geworden ist, überrascht trotzdem und haut uns beinahe aus den sprichwörtlichen Socken. Besonders in Sachen Spitzenleistung ist der GSX-R-Jahrgang 2017 ohne Frage ein Gegner, der von der Konkurrenz ohne intensive Tuning-Maßnahmen kaum zu schlagen sein wird. Das endgültige Resümee unserer Testfahrten und viele weitere Infos über die neue GSX-R1000R ab 16.3. in der Motorradmagazin-Aprilausgabe.