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Erwischt: Royal Enfield Himalayan 750Luftgekühltes Abenteuer
Steile Wachstumskurven, gefüllte Auftragsbücher, Sympathie aus vielen Lagern: Für Royal Enfield ist es in den vergangenen Jahren prächtig gelaufen. Die indische Marke hat in dieser Zeit auch einen richtigen Transformationsprozess hinter sich gebracht: Die Errichtung eines brandneues Entwicklungszentrums in den britischen Midlands, nur einen Steinwurf von Konkurrent Triumph entfernt, gehörte vor wenigen Jahren ebenso dazu wie die in Teilen dort durchgeführte Entwicklung eines erstmals für die Marke wassergekühlten Einzylinders sowie eines luftgekühlten Zweizylinders.
Auch in Sachen Vertrieb ist man aktiv geworden und hat das Heft in eigene Hände genommen. Nach Errichtung eines eigenen Zentralllagers für Europa in den Niederlanden 2024 wird in Kürze eine eigene Niederlassung in Deutschland ihren Betrieb aufnehmen. Im Laufe des Jahres 2025 sollen dann sämtliche Vertriebsagenden in Deutschland auf die eigene Tochtergesellschaft übergehen.
Damit nicht genug: Mit einer Evolutionsstufe des bekannten Zweizylinders will man nun in höhere Hubraumsegmente vorstoßen und künftige Flaggschiffe der Modellpalette antreiben. Bereits im Jahr 2017 hatte Eicher-Motors-Chef Siddharta Lal angekündigt, dass man sich Modelle im damaligen Angebot ausgesucht habe, die man zu leistungsstärkeren und teureren Produkten weiterentwickeln wolle.
Zunächst stand jedoch der – vor allem für die Kundschaft außerhalb des Stammmarkts Indien – wichtige Wechsel auf Wasserkühlung für die Einzylindermodelle wie die Himalayan 450 an. Erst im Anschluss wurde am Stammsitz in Chennai der nächste Schritt forciert: größere Modelle auf Kiel zu legen.
Das erste Modell, das im Zuge dessen Marktreife erlangen wird, ist offenbar die große Schwester der Himalayan 450. Sie wird in mittlerweile fast serienreifem Zustand in Südeuropa erprobt. Der Blick auf die dabei zum Einsatz kommenden Prototypen lässt bereits einige Rückschlüsse zu: So scheint sich die Maxi-Himalayan in einer Klasse zu bewegen, die momentan ein Revival erlebt und vor allem von chinesischen Newcomern neu bestückt wird.
Sowohl was die Dimensionen, die Motordaten als auch den zu erwartenden Preis angeht, dürfte sie sich ganz klar im Bereich der unteren Adventure-Mittelklasse einordnen. Der Evergreen in dieser Liga war jahrelang die Suzuki V-Strom 650, die in Kürze aus dem Programm genommen wird. Ihr Rezept – viel Motorrad für überschaubares Geld – wird aktuell wie erwähnt von chinesischen Marken übernommen, etwa der QJMotor SRT 700 SX oder der neuen CFMoto 700MT. Wir halten in dieser Klasse bei rund 70 PS.
Bei der Royal Enfield Himalayan 750 wird das Rezept der erfolgreichen kleinen Schwester in ein größeres Modell übersetzt: reduziert, robust, preiswert und doch mit dem Nötigsten ausstaffiert. Ob auch sie tatsächlich den inzwischen etablierten Namen Himalayan tragen wird, das ist noch nicht eindeutig klar – dazu gibt es widersprüchliche Aussagen.
Im Vergleich zur ihrer kleineren Schwester wirkt das neue Topmodell wesentlich stämmiger, weist jedoch auch den typisch kantig gezeichneten Tank auf. Im neuentwickelten Rahmen sitzt eine überarbeitete Form des luftgekühlten Twins, der bisher in Continental GT, Interceptor 650, Super Meteor 650, Classic 650 und Bear 650 zum Einsatz kommt.
Nach Informationen aus Indien soll hier eine aufgebohrte Version des Twins mit knapp 750 Kubikzentimeter Hubraum debütieren. Der Ölkühler wurde ebenso überarbeitet wie die Krümmeranlage, die in einer in dieser Klasse üblichen hoch montierten Auspuffanlage mündet. Die Nennleistung dürfte sich in der Größenordnung zwischen 50 und 60 PS bewegen, die bisherige 650er-Version leistet 47 PS. Als wahrscheinlich darf zudem gelten, dass eine Version für A2-Führerscheininhaber angeboten wird.
Die gestiegene Leistung wird vom Einsatz doppelter Bremsscheiben vorne widergespiegelt. Die Zangen kommen dabei von Brembo-Tochter Bybre. Das Fahrwerk der XL-Himalayan besteht aus einer einstellbaren USD-Gabel vorne sowie einem umgelenktem Zentralfederbein für die ebenso neu konstruierte Schwinge hinten. Bei den Raddimensionen handelt sich um 19 Zoll am Vorder- und 17 Zoll am Hinterrad. Die Instrumentierung ist am gezeigten Vorserienmodell noch ein Prototypenteil, zumindest TFT-Instrumente dürfen jedoch ebenso erwartet werden wie integrierte Turn-By-Turn-Navigation. Die Beleuchtung kommt, klassenüblich, aus einer Voll-LED-Anlage, und auch ein Tempomat dürfte an Bord sein.
Die Premiere könnte im Herbst 2025 auf der EICMA stattfinden und den Auftakt für eine ganze Familie von Modellen bilden, die sich oberhalb des aktuellen Angebots von Royal Enfield positionieren werden. Preislich dürfte die Himalayan 750 eindeutig das Topmodell der Marke werden, dabei jedoch noch immer unterhalb der magischen 10.000-Euro-Marke bleiben.

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