
Harley-Davidson FXDR 114 im Testmit Volldampf voraus
Die über Tempo 100 eher kraftaufwändige Ergonomie ist kaum überraschend, schließlich soll die FXDR laut dem US-Hersteller ja von athletischen (und bestimmt ziemlich unbequemen) Dragbikes abgeleitet sein und beim Betrachter Assoziationen mit Kampfjets, Pfeilen und ähnlichen ultradynamischen Objekten wecken. Das schafft die FXDR tatsächlich, denn in Sachen Schnittigkeit, Verarbeitungsqualität und Design leistet sie sich kaum eine Schwäche. Zugegeben, an den überdimensionierten Blinkern, der Kunststoff-Verlängerung des Heckkotflügels und dem gigantischen Ansaugkanal an der rechten Seite des Milwaukee-Eight-V-Twins mit 114 Kubikinch (1868 Kubik) Hubraum scheiden sich die Geister – abgesehen von diesen Details (für die das umfangreiche Tuning-Programm selbstverständlich Lösungen bereithält) wirkt die FXDR jedoch beinahe so perfekt wie ein Deckenfresko in der Sixtinischen Kapelle.
Trotz ihrer 303 Kilo wetzt die Dragster-Reminiszenz vertrauenserweckend und überraschend flott vorzugsweise durch mittlere und weite Radien und beweist, dass sie weitaus mehr als nur mit Volldampf geradeaus fahren kann. Höchstens in engen Serpentinen wirkt sich der breite 240er-Hinterreifen unvorteilhaft auf das Handling aus und es bedarf ein wenig Fingerspitzengefühls und Routine um die stabile Fuhre auf den neuen Kurs zu dirigieren. Die Abstimmung der Federungskomponenten haben die H-D-Entwicklungsingenieure erwartungsgemäß kompromisslos auf Sportlichkeit getrimmt. Kanaldeckel, Schlaglöcher oder Asphalt-Flickwerk übersteht man im Sattel der FXDR höchstens dann schmerzfrei, wenn man ihnen rechtzeitig und konsequent aus dem Weg geht – sonst müssen Rücken und Rippen des Piloten harte Schläge einstecken.
Knackig und präzise rasten die Gänge des Sechsgang-Getriebes, und auch an der leichtgängigen Kupplung gibt es nichts zu bekritteln. Das kleine LCD-Instrument im Cockpit fällt äußerst spartanisch aus, passt aber dennoch hervorragend zum reduzierten optischen Auftritt der FXDR 114. Einen Hauch zu spartanisch fällt dagegen die Abdeckung des Hinterreifens aus, der uns während eines Gewitters kübelweise das Regenwasser auf Helm und Rücken geschaufelt hat. Egal, wer schön sein will muss bekanntlich leiden. Und mit dem zeitgemäßen, coolen Design der FXDR haben wir uns im Laufe der Ausfahrt mehr und mehr angefreundet - ein weiterer Schritt für Harley-Davidson um einen frischen, jüngeren Kundenkreis für die US-Kultmarke zu gewinnen. Schon in Kürze sollen weitere revolutionäre Zukunftspläne der Harley-Modellpolitik Realität werden – einen Überblick findest Du hier.