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Honda GB350S TestGBrabbel
Das Kürzel GB ist den meisten Europäern unbekannt und nur einigen Motorradhistorikern wie unserem Franz Farkas geläufig, unter anderem von der GB500 Clubman. Die feierte als Café Racer vor 40 Jahren nur mäßigen Erfolg, was Honda nicht davon abgehalten hat, nun ein erz-konservatives Modell mit dieser Nomenklatur in die Alte Welt zu holen.
Wirft man einen Blick auf die japanische Honda-Seite (was man nicht tun sollte, weil man dann so Modelle wie die scharfe Hawk 11 entdeckt, die bei uns nicht verfügbar ist), dann scheinen dort sogar drei GB350-Modelle auf, die vor allem tief im Osten, aber auch bei uns mit den 350ern von Royal Enfield konkurrieren. Das bedeutet, dass hier reizender Low-Tech und strenge Klassik regieren – bis auf die Blinker, über die wir den Mantel des Schweigens breiten wollen.
Der luftgekühlte Zweiventil-Einzylinder leistet maximal 21 PS und generiert ein Drehmoment von 29 Newtonmeter bei nur 3000 Touren. Er ist an den meisten Stellen schwarz beschichtet. Die oberen Kühlrippen, Getriebe- und Motordeckel sowie das Hitzeschutzblech des Auspuffs bieten einen glänzenden Kontrast.
Leider setzt Honda am Tank mit den Farben Grau, Schwarz und Frostblau auf eine allzu kühle und unkreative Palette. Auffallen sollte man trotzdem, denn Motorräder wie die GB350S sprechen nicht nur die Herzen der Veteranen an, sondern treffen allerorts auf Sympathie und Interesse.
Sobald man auf der 800 Millimeter hohen Sitzbank des 178 Kilo leichten Naked Bikes Platz genommen hat, vollzieht sich die Wandlung vom nicht immer gern gesehenen Motorradfahrer zum Sammler, Connaisseur, vielleicht sogar zur Legende – vorausgesetzt, die Adjustierung passt. Wir denken an Flieger-Lederhaube und -Brille, eine abgewetzte, gewachste Belstaff-Jacke und ordentliche, kniehohe Stiefel, natürlich über der Cargohose getragen.
Ein hundertprozentig sortenreiner Klassiker ist die GB zwar nicht, was neben den Blinkern auch das LED-Licht, ein kleines LCD-Fenster im Rundinstrument und Plastik-Kotflügel bezeugen, aber das gleicht unser Testfahrtzeug mit Faltenbälgen und Twin-Shocks, sowie Minimaske, Sturzbügel und weichen Seitentaschen als Extras wieder aus.
Nichts zu meckern gibt es auch bei den aufgesetzten 3D-Logos, was heute keine Selbstverständlichkeit mehr darstellt und eine solide Wertigkeit vermittelt. So ein Moped muss einem das Gefühl geben, es hätte einen schon die Hälfte seines Lebens begleitet und wird einem auch noch in der zweiten zur Seite stehen. Da kommt es auch nicht so sehr drauf an, dass die Motorleistung tatsächlich wirkt wie aus der Mitte des letzten Jahrhunderts.
Der Einzylinder verspricht zwar zunächst einen gewissen Punch, kann dieses Versprechen aber nicht einlösen, weil ihm ziemlich schnell die Luft ausgeht. Zur Einordnung: Der von uns zufällig parallel getestete Roller PCX125 zieht besser. Dafür klingt er bei Weitem nicht so vollmundig und großmütig wie die GB. Dass der gute Klang eines Motors nichts mit der Lautstärke zu tun hat, wurde bereits öfter bewiesen als Motorräder vom Prüfbus aus dem Verkehr gezogen.
Aber diese Honda ist diesbezüglich schon fast ein Mysterium, stehen doch lediglich zahme 86 dBA Standgeräusch in der Zulassung. Das Blubbern aus der Kurve ist so eine Freude, dass die lahme Beschleunigung zur Nebensache wird. Der Motor dürfte sowieso gar nicht besser gehen, denn dann würde die Einzelscheibe vorne mit Zweikolbenbremszange nicht mehr zurande kommen. Statt einer besseren Bremsanlage hat man lieber eine Traktionskontrolle verbaut, was nun wirklich gar keinen Sinn macht.
Die Sache der GB350S ist aber ohnehin weder das Beschleunigen noch Bremsen, sondern das Fließen, vorzugsweise auf ruhigen Straßen mit glatter Oberfläche. Das nicht zu weich abgestimmte Fahrwerk bietet zwar durchaus einen gelungenen Kompromiss zwischen Komfort und Sportlichkeit, reagiert auf Wellen und Stufen aber alles andere als feinfühlig. Also lieber einen Gang zurückschalten – oder auch hinauf, man hat ohnehin nur fünf. Dafür hat man viel Zeit und Weg, denn mit dem 15-Liter-Tank kommt der Einzylinder laut WMTC theoretisch bis zu 600 Kilometer weit; und weiter.
Denn es fällt nicht schwer, den Verbrauchswert von 2,5 Liter zu unterbieten. Ein echter Dauerrenner also. Das Getriebe ist übrigens auch nicht sehr präzise zu schalten und hakt ab und an beim Gangwechsel. An so einem klassischen Motorrad prallt derartige Kritik aber ohnehin ab, man kann immer noch behaupten, dass das bei einem richtigen Retro-Bike so sein muss.
Ein bisschen mehr Konsequenz bei der Umsetzung hätten wir uns erwartet, Komponenten aus dem Regal, die man auf Reiseenduros, Crossovers oder Sportlern findet, haben auf so einem Klassiker nichts verloren, aber insgesamt ist die GB350S wie aus einer Welt, die sich noch nicht wie im Zeitraffer drehte und in der uns Abstandsassistenten und Kollisionswarner als Innovationen verkauft werden. Ein Hoch dem Low-Tech!
