Kawasaki Z900 im TestMachtwechsel!
Da es am Fahrwerk keine großen Paradigmenwechsel gegeben hat, gleich weiter zum Design: Wie zu erwarten führt Kawasaki die bei der Z1000 begonnene Sugomi-Philosophie fort. Dabei nimmt man Anleihen im Tierreich, gerne wird die gespannte Haltung des Panters vor dem Sprung zitiert, aber auch sonst will man vom strengen Blick bis zu muskulösen Wölbungen ein wenig animalisch wirken. Gelingt gut, finden wir, und wird vor allem nicht ganz so extrem ausgereizt wie bei der Z1000, die doch einigermaßen polarisiert.
Nicht ganz so mutig wie bei Design und den technischen Umstürzen war Kawasaki wieder einmal beim Thema Elektronik. Außer ABS wird hier nichts geboten, was den Spieltrieb oder die Sicherheit erhöht: Fahrmodi, Traktionskontrolle, Quickshifter werden genauso ignoriert wie beispielsweise kleine Komfortbringer namens Heizgriffe. Scheinen im Kawasaki-Universum einfach uncool zu sein.
Das Jammern hat aber nach den ersten Metern sofort ein Ende: Was die Grünen hier auf den Asphalt gestellt haben ist nichts anderes als die glorreiche Rückkehr des Vierzylinders in ein Segment, das wir schon von den Zwei- und Dreizylindern erobert dachten: Der Motor ist einfach eine Sensation, läuft fantastisch rund, dabei völlig vibrationsfrei, klingt dank aufwändigen Ansaugbox-Soundtunings herrlich und bietet in jedem Drehzahlbereich reichlich Schmalz. Dazu hängt er so direkt am Gas als würden die Finger an der Drosselkappe drehen, bleibt aber frei von Lastwechseln. Man kann im sechsten Gang ab der Stadtausfahrt flüssig (und druckvoll) beschleunigen oder durch die hohen Drehzahlen orgeln – der Vierzylinder fühlt sich immer wohl und belohnt den Fahrer mit Performance, die ehrliche Freude macht.
Dazu passend hat Kawasaki ein Sechsganggetriebe konstruiert, dass es einem schwermacht, über den fehlenden Quickshifter zu jammern: Selten oder vielleicht überhaupt noch nie haben wir ein so leichtgängiges, dafür scharfschützenpräzises Getriebe erlebt. Chapeau! In Verbindung mit der Assist- und Rutschkupplung, die für minimale Handkräfte sorgt, ergibt sich ein müheloses, angenehmes Fahren – ganz im Sinn der Sitzposition, die noch um eine Spur aufrechter ist als bei der Z800 oder der Z1000. Da freut man sich über ein gutes Kontrollgefühl und eine ausgefeilte Ergonomie.
Wohl um den sportlichen Anspruch des Bikes gerecht zu werden wurde nicht nur der Sattel, sondern auch das Fahrwerk recht straff abgestimmt. Sowohl die 41er-USD-Gabel als auch das Federbein an der neuen Aluschwinge (wiegt nur mehr 3,9 Kilo!) lassen sich aber in Vorspannung und Zugstufe verstellen, da sollte also Spielraum für persönliche Vorlieben zur Verfügung stehen. Unsere ersten Fahreindrücke: Das Einlenkverhalten ist überaus harmonisch und zielgenau, die Wendigkeit ist für eine Fast-Tausender hoch, dazu kommt eine solide Bremserei, die gut dosierbar ist, allerdings nach ein wenig höheren Handkräften verlangt. Die Verzögerungsleistung ist aber astrein.
Bis auf die Elektronik-Verweigerung gibt’s also kein Haar in der Suppe. Manch einer würde sich vielleicht beim Lenker (Stahl), bei der Formgebung der Schwinge, beim doch recht simplen LCD-Instrument der Z650 oder bei den Scheinwerfern (kein LED-Tagfahrlicht) ein kleines Upgrade wünschen, andererseits bietet die 900er ein geiles Z-förmiges LED-Rücklicht, eine blitzsaubere Verarbeitung und – was ja wohl am wichtigsten ist – eine extragroße Dosis Fahrspaß mit Vierzylinder-Kick, wie er in diesem Segment absolut einmalig ist.
Bleibt noch der Preis: Mit 10.750 Euro in Österreich legt Kawasaki mit der Z900 nun ein Angebot auf den Tisch, das mitten in die etablierte Konkurrenz fährt (und nur um 450 Euro über der Z800 liegt!). Grund genug für uns, die Z900 mit Spannung in die Motorradmagazin-Dauertestgarage zu bitten. Wir freuen uns schon auf den ersten Test am heimischen Boden und den Vergleich mit der scharfen Konkurrenz. In Kürze gibt’s also mehr über den grünen Shootingstar – im Heft und hier auf www.motorrad-magazin.at!