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Christoph Lentsch
Autor: Mag. (FH) Christoph Lentsch
christoph.lentsch@motorrad-magazin.at
11.1.2021

Cake KalkSilence is Golden

Boah, so kann man sich täuschen. Das Silentium ist nicht immer gülden. Schon oft, meistens sogar. Auch im Außerfern würden das einige Menschen unterschreiben. Aber nicht alle. Die Wirtn und Zimmervermieter sehen das ganz anders, und in deren Windschatten auch einige Bürgermeister, die wegen des Fahrverbots für Motorräder mit einem gewissen Standgeräusch, schon den Entfall von Steuereinnahmen spüren. Weil die Motorradfahrer jetzt wo anders umazuckeln, was die Wirtn schamlos zum Zusperren und Konkurs gehen ausnutzen.

Aber gut, nach 20 Jahren Ehe, beim Frühstückskaffee, oder an einem Nachmittag mit dem Werner Jessner, denkt man nicht gleich an die Ausnahme zur strahlenden Stille-Regel. Ich versteh das. Auch deswegen, weil mir grad ein Vehikel unter den geschundenen Körper gekommen ist, das die perfekte „Silence is Golden“-These auf zwei Rädern ist. 

Die Kalk von Cake. Genialer Name, gell? Das Fuhrwerk stammt aus Schweden, ist brutal minimalistisch und arg leise, weil natürlich elektrisch angetrieben. Die Schweden tauchen allesamt beim Thema E-Mobilität wild an. Kein Wunder also, dass sich Cake und die Volvo-E-Mobilitätstochter Polestar zusammengetan und eine Kooperation bekannt gegeben haben. Die beiden haben aber auch mehr gemeinsam als nur die Liebe zum leisen E-Antrieb.

Die gute Verarbeitung etwa, den Hang zum emotionalen Design und für das Thema Preisgestaltung haben sie den gleichen Rechenkurs besucht, scheint es. Die Kalk kostet bei uns nämlich um die 14.000 Euro, wenn man wo eine findet, wie ich unlängst beim Hanno Voglsam bei Vertical. Dafür kriegt man aber auch was. Gold nämlich. Am Fahrwerk zum Beispiel, das jetzt logischerweise von Öhlins. Und sogar ein Goldketterl gibts mit. Kein prolliges. 

Womit wir wieder ein Gesetz des Faktischen in die Wüste schicken, nämlich jenes, dass jeder, der ein mächtiges Goldketterl spazieren führt, gleich ein Strizzi ist. Das stimmt so gar nicht. Spazieren führen ist aber eh zu kurz gegriffen. Denn die goldfarbene Kette, die der Kalk als Kraftübertragungsklunker vom 10 kW starken Motor zum Hinterrad dient, muss ordentlich was aushalten. Die Kalk ist kein schnödes E-Moped, wie wir sie eh schon kennen, sondern ein ganz anderes Konzept, das viel mehr in der konventionellen 125er-Klasse aufmischt.

Als straßenzugelassene Version bekommt man einen echten Blickfang, mit feschen Bildschirm als Display, einem hervorragenden Fahrwerk – was in der E-Motorradklasse ja alles andere als Standard ist –, das herrliche Drehmoment des E-Motors, eine Höchstgeschwindigkeit von rund 90 km/h und eine Reichweite von 80 Kilometern. In zweieinhalb Stunden an der Haushaltssteckdose sind die Lithium-Ionen-Zellen übrigens wieder voll. Damit ist die Kalk Cake ganz eindeutig für die Fahrten in der Stadt und die täglichen Wege am Land gedacht.

Touren und Rennstreckenausflüge waren im Lastenheft nicht zu finden. Bei der nicht straßenzugelassenen Version schaut das schon ein wenig anders aus. Da hat man die eine oder andere Motocross-Bahn oder Hard-Endurostrecke schon mit einem zusammengekniffenen Aug anvisiert.

Das stoppeln die Reifen dann noch stärker, und damit das edle Display beim Purzeln keinen Schaden nimmt, hat man sicherheitshalber gleich keines verbaut. Überhaupt dürften die Schweden mehr Trümmer nicht verbaut haben. Wie sonst können wir uns das Gewicht von 62 Kilogramm Bike und 17 Kilogramm Akku erklären? Obwohl, fehlen tut nix. Also nicht, dass was abgegangen wäre. Gut, den Helm kann man nicht in der Cake verstauen. Aber wer tunkt seinen Gesichtsschutz gern in Torte? Dafür bietet der E-Motor die Möglichkeit im Schiebebetrieb wahlweise drei andere Zweiräder zu imitieren: Das Fahrrad, den Zwei- und den Viertakter.

Oder schnöder gesagt, man kann die Rekuperation, also wie stark im Schiebebetrieb wieder Energie in die Akkus fließt und damit verzögert wird, in drei Stufen einstellen. Aber ich werde hier nach Worten bezahlt, darum bin ich da in der Beschreibung manchmal ein bisserl sehr viel komplizierter als es für das Verständnis eigentlich notwendig ist. So viel zu meinem goldenen Schweigen. Während das der Cake unumwunden seine Vorteile hat. Stellen Sie sich eine Motocross-Strecke vor, auf der nur Elektrische anmetern.

Das Gesurre hört man abseits der Strecke nicht mehr. Die sonntägliche Idylle wird allein hin und wieder durch das elende Gewimmer der Gestürzten unterbrochen. Wer Kinder hat steht da sowieso drüber. Und Knochen brechen auch nicht so laut, dass man das meterweit hört. Auch eine Stadt voller Kalk-Cakes wäre leiser, es tat weniger stinken und schöner wär sie auch. Bleibt nur noch eines zu erwähnen. Die Tremeloes. Sie landeten mit „Silence is Golden“ 1967 einen Nummer eins Hit in England, Irland, Neuseeland, Norwegen und – trara – in Österreich. Nicht so in Schweden.

Dort hat dafür Jim Jidhed 1989 eine Coverversion des Songs aufgenommen. Und das Lied hat schlimmstes Ohrwurmpotential. Ich werd ihn seit Tagen nicht mehr los. Daran wollte ich Sie teilhaben lassen. Nix fia unguat. Aber „Silence ist Golden“ unterstreicht soooo gut, wie schön Stille ist. Vor allem wenn irgendwo das Lied spielt, wünscht man sich nix mehr als Stille.

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