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Clemens Kopecky
Autor: Mag. (FH) Clemens Kopecky
clemens.kopecky@motorrad-magazin.at
7.11.2021

Husqvarna Norden 901 TestAzoren-Hoch

2019 wurde das Concept-Bike der Norden erstmals auf der EICMA gezeigt, 2022 wird das Serienbike der Husqvarna-Reiseenduro erstmals bei den Händlern erhältlich sein und die Palette der Austro-Schweden um ein verkaufsstarkes Langstrecken-Modell erweitern. Die technischen Details der Norden 901 haben wir bereits an dieser Stelle zusammengefasst, mittlerweile konnten wir außerdem die ersten 400 On- und Offroad-Kilometer im Sattel der neuen Norden auf der portugiesischen Azoreninsel Sao Miguel abspulen.

Kundenzielgruppe sind vorwiegend Motorrad-Abenteurer, die sowohl ein robustes, geländeaffines als auch langstreckentaugliches und daher ausreichend komfortables Werkzeug zum Weltenbummeln suchen. Im Unterschied zum „ready to race“ Schwestermodell KTM 890 Adventure stand diesmal jedoch die Reisetauglichkeit im Fokus der Entwickler.

Der DOHC-Reihenzweizylinder im Zentrum des Stahl-Chassis fühlt sich auch in der Husqvarna exakt so an wie von der 890 Adventure bereits gewohnt. Auf aggressive Power in hohen Drehzahlen verzichtet man erwartungsgemäß auch hier – imposanten, spritzigen Vorwärtsdrang entfaltet die Norden besonders im mittleren Tourenbereich. Hier sprintet sie explosiv wie Usain Bolt vom Kurvenausgang zum nächsten Bremspunkt, offroad liefert der Paralleltwin jederzeit genug potenten Schub, um das Vorderrad mit ein wenig Kupplungshilfe spontan nach oben zu ziehen. So können die Tücken des Terrains elegant und effizient wie mit einem waschechten Rallye-Bike absolviert werden.

Der entschlossene Durchzug bei niedrigen und mittleren Umdrehungen kann sich sehen lassen. Im dritten Gang kultiviert und ohne Kettenschlagen durch die Tempo-40-Zone rollen und dennoch sprungbereit für die grün blinkende Ampel sein? Gar kein Problem. Im zweiten Gang um engste Haarnadelkurven tuckern, ganz ohne Ruckeln oder Zuckeln im Antriebsstrang? Bitte, gerne! Einen steilen Gelände-Hang knapp über Standgas hinaufeiern ohne den Motor abzuwürgen? Die Norden 901 schafft das alles ohne scheppernde Schnappatmung. In langsamen, balanceintensiven Passagen brilliert der nahezu vibrationsfreie Zweizylinder ab 3000 Touren (je nach gewählter Elektronik-Einstellung) mit seidigem Vortrieb und hervorragender Dosierbarkeit. Selbst bei Schritttempo neigt das DOHC-Aggregat nie zum Absterben.

Der serienmäßige Quickshifter des Sechsganggetriebes funktioniert in beide Schaltrichtungen vorbildlich und nahezu perfekt, sowohl im Gelände als auch auf Asphalt. Die leichtgängige Kupplung wird zwar konventionell per Seilzug moduliert, die feinfühlige Bedienung gelingt dennoch auch nach vielen Stunden auf diffizilem Terrain stets mit nur einem Finger. Obendrein hält sich der Wartungsaufwand in Grenzen: Nur alle 15.000 Kilometer (bzw. einmal jährlich) wird ein Service fällig, das Ventilspiel verlangt alle 30.000 Kilometer nach einer Kontrolle.

Wie beim KTM-Pendant ist der Tank schwerpunktgünstig tief unten am Fahrzeug positioniert, was der Husqvarna besonders offroad einen drastisch spürbaren Vorteil verschafft: Die vorbildlich ausbalancierte Norden 901 fühlt sich bei Drifts, Sprüngen oder in technischen Passagen deutlich leichtfüßger an als es ihre 204 Kilo (ohne Benzin) vermuten lassen. Das dank günstiger Gewichtsverteilung äußerst wendige Fahrgefühl erinnert beinahe an ein Motorrad mit tief eingebautem Boxer-Triebwerk. Der clever geformte 19-Liter-Kunststofftank mit rund vier Millimetern Wandstärke gewährleistet rund 400 Kilometer Reichweite.

Das gewohnt intuitiv bedienbare Cockpitinstrument mit 5-Zoll-TFT-Farbdisplay ist selbst bei greller Mittagssonne tadellos ablesbar, die Bedienung über das bewährte 4-Wege-Steuerkreuz (bei dem zwei Tasten als „Favoriten“ z. B. für MTC und Riding Modes frei belegt werden können) vorbildlich. Serienmäßig verfügt die Norden 901 Adventure über eine 12-Volt-Steckdose rechts des Tachos und LED-Nebelscheinwerfer, die über eine (bei unserem Test Wackelkontakt-anfällige) Taste links der Anzeige aktiviert werden. Ab Werk mit an Bord sind außerdem ein Tempomat und drei vorprogrammierte Riding-Modes (Rain, Street, Offroad). Will man die neunstufige, deaktivierbare Traktionskontrolle individuell justieren, kommt man um die optionale Freischaltung des „Explorer-Modes“ nicht herum. Dann lässt sich die Sensibilität der Schlupfregelung per Knopfdruck während der Fahrt neunstufig justieren. Die Stufen 4 und 5 behalten unserer Erfahrung nach im Gelände souveräne Kontrolle selbst über spektakuläre Driftwinkel. Die Stufen 1 und 2 greifen nur minimalst ein – hier konnten wir überhaupt nur bei Vollgas in tiefem Sand zweifelsfrei einen Unterschied zu „off“ feststellen, Wheelies sind jederzeit möglich.

Die via TFT-Menü anwählbare „Offroad“-Gasannahme macht das Motor-Ansprechverhalten noch sanfter als es ohnehin schon ist und reduziert die Maximalleistung um zirka 10 PS – ideal für kontrollierte Fahrt auf rutschigem oder diffizilem Untergrund. Im Unterschied dazu offeriert die „Rallye“-Gasannahme ultradirekten, extrem abrupten Leistungseinsatz wie man ihn wohl nur in den Weiten der Sahara gebrauchen kann. Einen guten Mittelweg findet das „Street“-Setup, das auf traktionsreichem Boden meist eine gute Figur macht.

Das serienmäßige ABS mit schräglagensensitiver Kurven-Funktion (allerdings ausschließlich im Asphaltbetrieb!) funktioniert in der Praxis einwandfrei, feinfühlig und zuverlässig. Für Gelände-Abstecher können im „Offroad-Modus“ die Interventionen am Hinterrad deaktiviert und jene am Vorderrad an losen Untergrund angepasst werden. Vollständig deaktivieren lässt sich die Stotterbremse an der Front nicht – während unserer Testfahrten konnten wir jedoch keine einzige Situation provozieren, bei der das permanent aktive Front-ABS von Nachteil gewesen wäre. Es verhindert effizient das ungewollte Überbremsen in Schrecksituationen.

Weil der getönte, kurze Windschild in der Höhe nicht justiert werden kann, sind Schultern und Helm dem Fahrtwind schutzlos ausgeliefert – ein ziemlicher Fauxpas für eine waschechte Reiseenduro. Hier offeriert Husqvarna leider nur im Zubehörprogramm eine adäquate Lösung. Ebenfalls gegen Aufpreis erhältliches Zubehör sind unter anderem die Heizgriffe, eine geheizte Sitzbank und ein leichterer Akrapovic-Endtopf (auf den Bildern zu sehen). Apropos Sitzbank: Jene ist nicht nur höhenverstellbar (854/874 Millimeter), der Sattel der Husqvarna Norden 901 ist außerdem wesentlich komfortabler und hochwertiger gestaltet als bei ihrem KTM-Pendant. Selbst nach insgesamt fast 16 Stunden in nur zwei Fahrtagen wie bei unserem ersten Test sitzt man auf der Norden 901 nicht nur schmerzfrei, sondern immer noch richtig bequem. Dazu tragen auch der (besonders in der hohen Sattelposition) entspannte Kniewinkel und die ergonomisch tadellose Lenkerposition bei. Wer mag, kann die Lenkerposition sogar vierfach justieren – allerdings bietet schon das Werks-Setup einen hervorragenden Kompromiss zwischen exzellentem Handling und äußerst kommoder Position der Arme.

Der im Fahrbetrieb wohl gravierendste Unterschied zwischen KTM 890 Adventure und Husqvarna Norden 901 ist zweifellos das Fahrwerk, bei dem sich der erhöhte Komfort-Faktor des Sattels fortsetzt: Die Abstimmung der WP-Komponenten ist spürbar softer – kein Vergleich mit dem straffen KTM-Setup. Die Performance-Einbußen und der reduzierte Durchschlag-Schutz sind im Adventure-Betrieb für Weltenbummler ohnehin nicht relevant, auf Kopfsteinpflaster, Asphalt-Flickwerk oder holprigen Schotterwegen will man auf das gnädige Dämpfer-Setup dagegen nie wieder verzichten müssen. Erfreulich: Trotz ihrer weichen Abstimmung geht die 43-Millimeter-Gabel beim harten Anbremsen vor einer Kurve nicht übermäßig tief in die Knie. 

Nach den ersten zwei Tagen im Sattel der Norden 901 fällt der bekanntlich so wichtige erste Eindruck durchwegs positiv aus: Im Segment der Reiseenduros präsentiert sich die neue Husky als hervorragend gelungener Kompromiss für all jene, die keinen Gelände-Abstecher auslassen, aber dennoch während ihrer Reisen nicht auf eine ordentliche Portion Komfort verzichten wollen. Dank ihres individuellen Charakters unterscheidet sich die mehr auf Langstrecke getrimmte Norden 901 erstaunlich eindeutig von ihrer Konzern-Schwester KTM 890 Adventure – in puncto Anschaffungspreis dürfte die Differenz ebenfalls deutlich ausfallen. Zum aktuellen Zeitpunkt hält Husqvarna mit den exakten Kosten für die Norden 901 zwar noch hinterm Berg, angesichts der Serienausstattung dürfte sie wohl ähnlich teuer sein wie das R-Modell der KTM 890 Adventure.

NACHTRAG: Mittlerweile wurde der Österreich-Preis für die Husqvarna Norden 901 verkündet. Er beträgt 16.349 Euro und liegt damit um 450 Euro über dem Preis der KTM 890 Adventure R des Jahrgangs 2021.

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