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Dakar 2022 – HalbzeitbilanzUnd dazu die schönsten Fotos
Die Hälfte der härtesten Rallye der Welt ist absolviert – und wie immer brachten die Etappen 1 bis 6 nicht nur viele schöne Erinnerungsfotos, sondern auch eine ganze Reihe an Überraschungen.
Die vielleicht größte hat mit der kommenden Entscheidung nichts mehr zu tun: Danilo Petrucci, Ex-MotoGP-Pilot, erklomm auf Etappe 4 erstmals das Tagespodest und konnte Etappe 5 gewinnen – eine unglaubliche Leistung für einen Quereinsteiger! Dass er in der Gesamtwertung nichts mitzureden hat, liegt nicht in seiner Verantwortung. Ein technisches Problem auf seiner Werks-KTM zwang ihn schon auf Etappe 2 zur Aufgabe. Er durfte am folgenden Tag zwar weiterfahren, bekam aber einen Penalty von elf Stunden verpasst.
Eine weitere Überraschung: Die Werksteams der kleineren Hersteller können solide mithalten. Lorenzo Santolino liegt auf seiner Sherco solide auf Rang 6 der Zwischenwertung, Joaquim Rodrigues auf Hero konnte den ersten Tagessieg für sich und sein Team einfahren. Chapeau!
Jetzt aber zu den Favoriten. Hier fiel bereits auf der ersten Etappe eine mögliche Vorentscheidung. Bei einer schwierig zu navigierenden Stelle verloren viele der gesetzten Favoriten früh im Rennen viel Zeit: Kevin Benavides (KTM), der Vorjahressieger, fasste 34 Minuten aus, Ricky Brabec (Honda, Sieger 2020) sogar 56 Minuten. Bei Doppelsieger Toby Price (KTM) waren es 44 Minuten, die beiden weiteren Honda-Werkspiloten Joan Barreda und Nacho Cornejo büßten 38 bzw. 44 Minuten auf den Etappensieger ein.
Eine makellose Leistung zeigte bislang einzig das kleine, aber schlagkräftige Team von GasGas. Sam Sunderland führt die Zwischenwertung an, der junge Daniel Sanders liegt auf Rang 3. Hätte der Australier nicht eine 10-Minuten-Zeitstrafe ausgefasst, dann läge er in Führung. Im GasGas-Sandwich, also auf Platz Zwei, befindet sich unser Matthias Walkner. Die drei Bestplatzierten trennen nur etwas mehr als fünf Minuten.
Daniel „Chucky“ Sanders hat sich mit dieser bisherigen Leistung endgültig in die Top-Liga der Rallye-Piloten gereiht. Im Vorjahr war er bei seiner Dakar-Premiere als Vierter noch bester Rookie, heuer zählt er bereits zu den heißesten Sieganwärtern. Und damit sind wir bei der Ausgangslage für die zweite Hälfte der Rallye.
Wer hat noch realistische Siegeschancen? Sechs Piloten liegen innerhalb von 20 Minuten, neun innerhalb von 30 Minuten. Angesichts der vielen Wendungen, die wir bei vergangenen Dakar-Rallyes bereits gesehen haben, ist jedem in dieser Gruppe noch ein Podestplatz zuzutrauen. Besonders erfreulich: Durch diese neun Piloten sind auch fünf Marken vertreten: KTM, Honda, Yamaha, GasGas, Sherco. Und mit dem Slowaken Stefan Svitko (Rang 7) ist auch ein KTM-Privatier unter den Topfahrern vertreten. Svitko ist freilich höchst erfahren: Für ihn ist es die 13. Dakar, 2016 schaffte er es als Zweiter sogar aufs Podest.
Wir können also viel erwarten für die zweite Hälfte des Rennens, auch von unserem 2018er-Dakar-Sieger Matthias Walkner, der bislang ein souveränes und auch taktisch gutes Rennen absolviert hat. Auch seine Kräfte scheint er sich gut eingeteilt zu haben: „Die Motivation für die zweite Hälfte ist extrem hoch und ich fühle mich noch so fit, dass ich diesen Ruhetag eigentlich gar nicht bräuchte“, sagte er nach der sechsten (verkürzten) Etappe, die er als Dritter beendete.
Wir halten die Daumen – und freuen uns auf sechs weitere spektakuläre Renntage!
Dakar 2022: Die schönsten Fotos der ersten sechs Etappen