Ducati Multistrada V4 RallyHöher, breiter, schwerer
Die dritte Ducati-Neuheit für 2023 ist enthüllt: Es ist eine weitere Variante der Multistrada V4 namens Rally, die mit größerem Tank, längeren Federwegen, besserem Windschutz und einigen Adaptionen im Detail all jene ansprechen will, die sich noch mehr Luxus und vor allem mehr Reichweite wünschen. Der Haken: Die neue Variante ist höher, schwerer, geringfügig schwächer und sicher auch teurer. Aber beginnen wir von vorne.
Der augefälligste Unterschied der Rally zur bekannten Multistrada V4 ist der größere Tank. Er fasst hier 30 statt wie bisher 22 Liter. Das begünstigt natürlich die Reichweite enorm, die bislang eines der größten Mankos an der Multistrada V4 war. Ein Problem, das durch die hohen Verbrauchswerte des V4-Motors verursacht wird. Mit 30 Liter Inhalt sollte man nun aber auf jeden Fall mindestens 400 Kilometer weit kommen. Der große Tank muss übrigens ohne das kleine Staufach vor dem Tankdeckel auskommen; stattdessen bietet die Multistrada V4 Rally aber ein kleines Fach an der linken Seite, das ebenfalls mit Stromversorgung ausgerüstet und überdies belüftet ist.
Zweiter merkbarer Unterschied: Die Rally steht höher, wofür verlängerte Federwege verantwortlich sind. 200 Millimeter sind es nun vorne und hinten, um 30 bzw. 20 Millimeter mehr als bei den bekannten Modellen. Damit verlängert sich auch der Radstand, allerdings nur minimal um fünf Millimeter; die Bodenfreiheit steigt auf 235 Millimeter. Für viele wahrscheinlich entscheidender: Die Sitzhöhe steigt um 30 Millimeter und hält nun bei 870/890 Millimeter. Mit dem optionalem „sehr niedrigen“ Sitz und einem Tieferlegungs-Kit aus dem Zubehörprogramm lässt sich die Sitzhöhe aber bis auf 805 Millimeter senken.
Auch das Gesamtgewicht treibt es natürlich nach oben. Im Vergleich zur Multistrada V4 S liegt das Trockengewicht um neun, das vollgetankte Gewicht um 17 Kilo höher. Wir halten nun schon bei 260 Kilo fahrfertig! Wer die schönen Bilder mit spektakulären Offroad-Einlagen sieht, der darf die Stunts ruhigen Gewissens den Ausnahmetalenten hinter dem Lenker zuschreiben, die offenbar auch keinen Gedanken daran verschwenden, wie sehr es schmerzt, wenn man ein Plus-30.000-Euro-Bike in die Dünen nietet. Für normale Fahrer ist das Extra-Gewicht und der hohe Schwerpunkt im Gelände sicher kein Bonus.
Noch zu den Offroad-Talenten: Ducati hat den Enduro-Fahrmodus nochmals überarbeitet und mit einem neuen Motor-Setup ergänzt. Er begrenzt die Leistung in diesem Modus nun auf 114 PS und soll dafür ein noch besseres Ansprechverhalten im Unwegsamen bieten. Sehr schlau: Mit einem schnellen Handgriff kann man den Fußbremshebel in der Höhe verstellen, was beim Stehendfahren helfen wird. Speichenräder sind natürlich Teil der Serienausstattung, die Reifen bleiben aber mit Pirelli Scorpion Trail II – den gleichen wie bei den anderen Modellen – moderat. Im Gegensatz zur Strategie anderer Marken (etwa Triumph oder KTM) behält die Multistrada V4 auch in der Rally-Version die Reifengrößen bei. Vorne dreht sich also weiterhin ein 19-Zoll-Rad.
Während man die Meriten für den Offroad-Einsatz getrost bezweifeln darf, bietet die Multistrada V4 Rally aber wohl tatsächlich noch mehr Komfort für Reisende, auch (oder gerade) auf der Straße. Hier war die normale Version schon bisher äußerst gut aufgestellt, die Rally verspricht aber etwa noch mehr Windschutz, von dem auch der Passagier profitieren soll. Geschehen soll dies durch eine um 40 Millimeter höhere und um 20 Millimeter breitere Scheibe.
Der Passagier profitiert aber auch durch eine Verlängerung des Hecks. Dadurch werden die Seitenkoffer etwas weiter hinten montiert, was die „Beinfreiheit“ erhöht. Auch das Topcase wandert ein kleines Stück nach hinten, es gibt also mehr Lebensraum an Bord.
Der Reisekomofort soll letztlich auch durch eine Evolution des hervorragenden Skyhook-Fahrwerks weiter steigen. Durch einen zusätzlichen Sensor an der Gabel soll es noch feinfühliger und präziser reagieren, zudem bietet es drei neue Funktionen: „Autolevelling“ sorgt für eine automatische Anpassung des Fahrwerks an die Beladung, „Minimum Preload“ (gab’s schon seit 2022) senkt das Motorrad am Stand ab und „Easy Lift“ ermöglicht ein leichteres Aufrichten des Bikes vom Seitenständer. Man sieht schon: Ducati lässt nichts unversucht, um die Höhe und das Gewicht des Fahrzeugs zu kaschieren.
Ganz wichtiger Punkt: Die Italiener haben nach zwei Jahren nun erstmals den Granturismo V4 überarbeitet. Hier ging es um zwei Punkte. Zum einen wollte man offenbar die klassenhöchsten Verbrauchs- und Emissionswerte senken, zum anderen die Hitzeentwicklung eindämmen. Ein WMTC-Verbrauch wurde zwar noch nicht genannt, doch sollen die CO2-Emissionen von 162 auf 152 Gramm gesenkt worden sein. Dies geht allerdings mit leichten Einbußen bei den Leistungswerten einher. Die Spitzenpower von nach wie vor 170 PS wird 250 Umdrehungen später erreicht, das maximale Drehmoment sinkt von 125 auf 121 Newtonmeter. Man wird’s verschmerzen.
Der Hitzeentwicklung will man auf zwei Arten begegnen: Durch eine veränderte Luftführung dank der neuen (breiteren) Verkleidung und durch eine Ausweitung der Zylinderabschaltung. Schon bislang wurden die beiden hinteren Zylinder ja am Stand deaktiviert; nun passiert dies auch bei langsamer Fahrt, also etwa in der Stadt. Davon soll wiederum vor allem der Passagier profitieren; aber den Fahrer wird’s bei Sommertemperaturen auch gefallen.
Die neue Ducati Multistrada V4 Rally soll ab Februar bei den Händlern stehen. Zwei Farben stehen zur Wahl: das klassische Ducati-Rot und eine schwarz-silberne Version, wobei der silberne Teil am Tank keine Farbe an sich, sondern ein tranparenter Bereich ist, der den Werkstoff des Tanks – gebürstetes Alu – lässig zur Geltung bringt.
Die beiden Farben werden von drei Ausstattungen ergänzt. Das „Basismodelll“ der Multistrada V4 Rally, die „Radar“ ist bereits edel bestückt und verfügt über Front- und Heckradar für den Abstandstempomaten und den Totwinkel-Warner. Die Variante „Adventure Travel & Radar“ kommt überdies mit Griff- und Sitzheizung sowie Alukoffern. „Adventure Full“ ergänzt dieses Paket letztlich noch mit einem Akrapovic-Endschalldämpfer und einem Carbon-Kotflügel.
Dazu kommen noch viele mögliche Extras, von Sturzbügel über Zusatzscheinwerfer bis hin zu einem großen Topcase, das das Gepäckvolumen auf insgesamt 117 Liter erweitert. Auch eine Bekleidungskollektion wurde eigens entworfen. Preise wurden noch nicht genannt.