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Peter Schönlaub
Autor: Peter Schönlaub
peter.schoenlaub@motorrad-magazin.at
28.6.2023

Schon gefahren: CFMoto 800NK Naked mit KTM-Motor und Italo-Design

Design ist natürlich Geschmacksache, aber dass die neue CFMoto 800NK ein hübsches, auffälliges Bike ist, darüber sind sich die meisten einig. Kein Wunder übrigens, das Design stammt aus der Heimat der Motorradästhetik, Italien. Das in Rimini ansässige Designstudio Modena 40 fungiert seit vier Jahren als europäisches R&D-Center von CFMoto und ist für die Designs der meisten neuen Modelle verantwortlich. Mastermind Carles Solsona ist zwar selbst Spanier, hat aber in der Motoradwelt schon deutliche Spuren hinterlassen: So geht etwa das Design der legendären MV-Agusta-Modelle Brutale und Dragster auf ihn zurück.

Jetzt aber zur CFMoto 800NK. Das sehnige Naked Bike basiert natürlich auf der KTM 790 Duke, wird auch in der selben, gemeinsamen Fabrik in China gebaut. Allerdings werden dann doch nicht so viele Teile geteilt, wie man zunächst glauben möchte. Im Grunde sind es „nur“ der Motor, das Getriebe und der Stahl-Gitterrohr-Hauptrahmen. Der Heckrahmen, die Aluschwinge, das Fahrwerk, die gesamte Elektronik sind völlig eigenständig und wurden von CFMoto im Alleingang entwickelt.

Bevor wir zu den Fahreindrücken kommen, drehen wir also eine schnelle Runde um das Fahrzeug und beginnen beim Motor – denn auch er entspricht nicht zur Gänze jenem der 790 Duke. Die Hardware ist zwar identisch, aber die Abstimmung, speziell die Mappings, wurden neu kalibriert. Die Spitzenleistung von 95 PS entspricht jener der Duke, das maximale Drehmoment liegt aber etwas niedriger: bei 79 Newtonmeter statt bei 87 wie bei der orangen Schwester.

Das Fahrwerk wiederum wurde mit Kayaba-Komponenten bestückt, vorne mit 43er-USD-Gabel, hinten mit Einzelfederbein, beides ist voll verstellbar. Die Federwege sind allerdings mit 140/130 Millimeter deutlich kürzer als bei der KTM (150/150).

Bei den Bremsen setzt CFMoto hingegen auf noch mehr Größe: 320er-Scheiben vorne (mit radial montierten 4-Kolben-Sättel) und eine 260er-Scheibe hinten übersteigen die Dimensionen der KTM klar. Die Bremserei wird übrigens von J.Juan zugeliefert.

Gleichstand dann bei den Reifen: Auch CFMoto baut einen erwachsenen 180er-Hinterreifen ein, bestückt sind die dünnspeichigen Alu-Gussräder wie bei der 790 Duke mit Maxxis-Reifen.

Einen völlig anderen Weg wie KTM und die weiteren Mitbewerber in diesem Segment geht CFMoto bei den Assistenzsystemen. Abgesehen vom vorgeschriebenen ABS (2-Kanal von Bosch) werden keine weiteren elektronischen Sicherheitssysteme eingebaut, also nicht einmal eine Traktionskontrolle.

Stattdessen finden wir aber schon beim Basismodell 800NK Sport reihenweise „Unterhaltungselektronik“ an Bord: Das gut ablesbare 5-Zoll-TFT-Display beherrscht App-Connectivity mit allerlei Funktionen, ein Tempomat ist ebenfalls serienmäßig an Bord.

Wer noch mehr will, kann ab Jahresende zur noch besser ausgestatteten Version „Advanced“ greifen. Dort gibt’s neben Quickshifter, Lenkungsdämpfer, konifiziertem Alulenker und elektronischem Schlüssel sogar ein 8-Zoll-TFT-Touch-Display, das wie ein Tablet hochkant aufgesetzt wird. Dieses System besitzt schon ein integriertes Navi, außerdem bietet es als erstes System in der Motorradwelt Apple CarPlay ohne Kabelverbindung.

Wir haben’s ausprobiert, der Verbindungsaufbau funktioniert rasch, die damit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sind enorm. Dazu kommen noch unzählige Spielereien der jungen chinesischen Ingenieure, manche entbehrlich, andere witzig. Ein Beispiel: Hat man seine 800NK länger nicht gefahren, kann man sich eine Vibrations-Erinnerung ans Handy schicken lassen. Oder das Bike beginnt freundlich zu blinken, wenn man sich mit dem verbundenen Smartphone in der Tasche annähert. Oder es vibriert nach vier Stunden ununterbrochener Fahrt, um eine Pause einzumahnen. Keine Sorge, die meisten dieser Spielereien kann man abschalten, wenn man davon genervt ist.

Auch beim ersten Aufsitzen zeigen sich deutliche philosophische Unterschiede zur KTM: Während man dort AUF dem Bike sitzt und sehr nah am, ja fast über dem Lenkkopf sitzt, wird man in der CFMoto eher INS Motorrad integriert und genießt eine neutralere, entspanntere Haltung. Der Sitz ist auch drei Zentimeter niedriger, liegt auf 795 Millimeter; optional ist ein um 25 Millimeter höherer Sitz zu haben. Vielleicht auch eine Option für jene, denen der puristische Standardsitz eine Spur zu straff ist.

Apropos straff: Bretthart ist der Soziussitz, was etwas schade ist, denn die Positionierung der Fußrasten und auch der Platzbedarf wären für gelegentliche Mitnahmen von Beifahrenden alleweil in Ordnung.

Der Lenker liegt gut in der Hand, auch die Bedienelemente hinterlassen einen feinen Eindruck – wie ganz generell nicht der Eindruck eines zusammengesparten, günstigen China-Bikes entsteht. Im Gegenteil: Überall blitzt die Entschlossenheit durch, auch bei schlichten Elementen schöne Lösungen zu finden. Der Schalldämpfer ist hier ein gutes Beispiel, aber auch die völlig verzerrungsfreien, gut positionierten Rückspiegel machen Freude. Nicht zuletzt sind alle Lichter und Leuchten extrem hübsch anzusehen und selbstverständlich zur Gänze mit LEDs bestückt. Die markanten Lichtstreifen an der Front sind aber keine Tagfahrleuchten, sondern Positionslichter – das mittige Abblendlicht leuchtet also ständig.

Beim Fahren übernimmt natürlich sofort unser guter Bekannter, der LC8c-Motor von KTM, die Hauptrolle. Mit seinen zwei Ausgleichswellen und schöner Kraftentfaltung ist er auch in der CFMoto ein wahrer Freudenspender, könnte allerdings ein wenig feiner abgestimmt sein. Das Kaltstartverhalten ist von Ruckeligkeit geprägt, was zwar nach ein paar Minuten besser wird, die KTM-Reifestufe in Sachen Geschmeidigkeit haben die CFMoto-Techniker aber noch nicht erreicht. Die Lastwechselreaktionen könnten sanfter ablaufen, die Befehle der Gashand werden ein wenig zu „digital“ umgesetzt. Man hat das bei CFMoto inzwischen akzeptiert, an einem Software-Update werde gearbeitet hieß es. (Das lässt sich dann, wenn es soweit ist, übrigens via Smartphone-App auch „over the air“ selbst aufspielen.)

Das Benehmen des Motors kann man übrigens mit drei Fahrmodi beeinflussen. Rain ist naturgemäß sehr sanft, aber fürs normale Fahren auf der Landstraße zu zäh, zu teigig, da nimmt man sich die Euphorie. Street ist ganz okay, aber eben nicht perfekt, und Sport ist eindeutig zu radikal, zu brutal ausgelegt. Hier ist eine schöne Dosierung des Vortriebs kaum möglich.

Sehr gut werkt das Sechsganggetriebe – mit kurzen Wegen und präzise rastend; ebenso fein der Quickshifter, allein schon ein Grund für die Advanced-Version (ob er als Aufpreis-Extra für das Basismodell zu haben sein wird, steht momentan noch nicht fest). Die Seilzug-Kupplung wiederum verfügt über eine Assist- und Antihopping-Funktion.

Großen Spaß macht es mit der CFMoto 800NK über kleine Bergstraßen zu ziehen. Hier spürt man die Benefits aus gelungener Geometrie, gutem Fahrwerk und niedrigem Gewicht. Jenes liegt übrigens beim Basismodell fahrfertig bei niedrigen 186, bei der Advanced bei 189 Kilo. Der Tank fasst 15 Liter.

Dank dieser überschaubaren Gewichte flutscht die 800NK willig, aber präzise von einer Schräglage in die anderen, bleibt dort auch schön stabil, selbst auf welligem Geläuf – das Fahrwerk schluckt die Unebenheiten gut, vor allem an der Front. Hinten könnte die Dämpfung eine Spur sensibler sein; vielleicht auch eine Frage der Einstellung, die wir aus Zeitgründen beim ersten Test nicht verändern konnten.

Auch wenn kleine Wünsche offen bleiben – die grundsätzliche Auslegung ist sehr gut gelungen. Mit viel Power, Leichtfüßikgeit und angenehmer Sitzposition ordnet sich die CFMoto 800NK gleich weit oben in dieser prominent besetzten Liga ein.

Dort nimmt sie auch noch eine weitere, erfreuliche Sonderstellung ein: jene des günstigsten Angebots nämlich. Das Basismodell, die CFMoto 800NK Sport, liegt in Deutschland bei 7390 Euro, in Österreich bei 8199 Euro. Der Aufpreis für die später kommende Advanced wurde noch nicht endgültig fixiert, sollte aber ebenso moderat sein. Geplant sind 7890 Euro in Deutschland und auf jeden Fall unter 9000 Euro in Österreich.

Die Auslieferungen der CFMoto 800NK Sport starten in Kürze. Infos unter https://cfmoto-motorcycle.eu

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