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Markus Reithofer
Autor: Markus Reithofer
markus.reithofer@motorrad-magazin.at
22.9.2025

Benda LFC 700Mad Max was here

Zugegeben, der Titel dieses Artikels ist gestohlen. Aus einer von mir als Teenager verehrten und schon vor Jahrzehnten vom Markt verschwundenen Motorradzeitschrift, die im Herbst 1984 die erste Yamaha V-Max präsentiert hat. Auf dem doppelseitigen Aufmacherfoto war statt dem Motorrad nur ein sehr langer schwarzer Strich auf einer Landstraße zu sehen. Und diese Titelzeile.

Die V-Max war damals wie ein Alien-Artefakt, das irgendwie aus einem Keller tief unter der Area 51 gekommen war und der Gemeinschaft der Motorradfahrer eine Begegnung der dritten Art bescherte.

145 PS aus einem V-Vierzylinder mit 1200 Kubik. Vor 40 Jahren war das schlicht unvorstellbar. Wir sprechen von einer Zeit, als Tom Cruise in Top Gun seine Kawasaki GPZ 900 R als zweirädrige Entsprechung seines Kampf-Jets und als höchste Inkarnation von Spitzenleistung präsentierte. Aber mit ihren gerade einmal 114 PS wurde sie von der V-Max quasi zu Staub zermahlen.

Leider wurde sie sehr lange nicht nach Österreich importiert. Als ich 1991 in Arizona weilte und in einer Zeitschrift eine private Verkaufsanzeige für eine 1985er V-Max sah, war mir klar, dass dies als eine Art mystisches Signal zu interpretieren sei und an einem Kauf kein Weg vorbei führen konnte. In Phoenix hatte es gerade 46 Grad im Schatten, die Verkäuferin öffnete die Tür zu ihrem kleinen Apartment barfuß und in Shorts und machte mir rasch klar, dass die V-Max aus finanziellen Gründen weg müsse.

Leider war die Batterie leer, also sagte sie „okay, let´s say 2600 Dollars?“ Der geradezu lächerliche Verkaufspreis ging in Form von Reiseschecks über den Wohnzimmertisch, ein Ladegerät wurde angehängt und zwei Stunden später brüllte ich mit dem Sound einer schon damals unmöglich zulassungsfähigen SuperTrapp-Anlage durch die heiße Luft Arizonas.

Amy, die Verkäuferin, hat mir zum Abschied einen Jethelm mit einem Totenkopf und einer Todesrune auf der Rückseite geschenkt. Den habe ich noch immer, sichtbar in jeder Ausgabe des Motorradmagazins am Foto zu meiner Kolumne „Wissen ist Macht“. Die V-Max leider nicht mehr.

 

Und jetzt die Benda. LFC 700. Siebenhundert? „Das muss ein Druckfehler sein“, war mein erster Gedanke. Ihr Auftritt lässt mindestens 1200 Kubik und 180 PS vermuten. Gabel, Rahmen, Felgen, Bremsanlage und Bereifung würden das zweifellos verkraften, aber nein, in der LFC 700 steckt ein Reihen-Vierzylinder mit nur 677 Kubik und einer Leistung von 78 PS. Damit ist sie in gewisser Weise eine Umkehrung der alten V-Max, die zwar fast doppelt so viel Leistung, aber einen weniger als halb so breiten Hinterreifen hatte wie die Benda.

Ein Burnout geht trotzdem. Was sagt man als Jünger des V-Max-Ordens zu einem Motorrad, das optisch sämtliche Elemente eines ernsthaften Muscle-Bikes mitbringt, aber ausgerechnet bei der Motorisierung geizt? Sehr einfach: Man richtet seinen Blick auf das Schild mit dem Verkaufspreis von 11.490 Euro und sagt „Okay, schauen wir mal.“

Starten wir also den Reihenvierer. Keine Frage, das ist genetisch ein Supersportmotor, der sich hörbar erst bei höheren Drehzahlen so richtig wohl fühlt. Klingt schneidig und scharf, sogar mit einem Ansatz von bösem Röcheln, soweit das mit den aktuellen Lärmauflagen noch möglich ist. Das einzigartige Design der Auspuffanlage mit ihren vier vergitterten quadratischen Auslässen unterstreicht ihren Anspruch als Muscle-Bike. Wenn man sich auf der breiten Sitzbank niederlässt und den noch breiteren Lenker in die Hände nimmt, sind auch Gedanken an einen Cruiser durchaus naheliegend. Aber genau das ist die Benda nicht. Denn ihr Motor lädt zum flotten Beschleunigen ein, die radial montierten Brembo-Sättel mit 320-Millimeter-Scheiben zum späten Bremsen und das justierbare Fahrwerk mit dicker USD-Gabel zu stabilen Schräglagen.

Kurven, naja. Der wirklich unfassbar breite Gummi (310/35-18) am Hinterrad erfordert schon einen gewissen Körpereinsatz, wenn man die Benda um die Ecken ziehen lässt. An ihrem Gewicht scheitert es nicht, aber die Reifenkontur erfordert deutlich mehr Kraftaufwand, als wenn man einen 150er-Reifen in die Kurve legt. Und natürlich bringt ein Radstand von 1720 Millimeter zwar eine enorme Stabilität, ist aber zusammen mit dem flachen Lenkkopfwinkel nichts für enge Kurven. Die Schräglagenfreiheit ist ausreichend, wenn man sich an den Vorgaben eines Motorrads orientiert, das primär zum Geradeausfahren konzipiert ist. Trotzdem: Sobald man sich an die Kurventechnik gewöhnt hat, hört man regelmäßig die Fußrasten über den Asphalt schleifen.

Der niedrige Schwerpunkt der LFC 700 bewirkt zusammen mit ihrer Länge und den beiden überbreiten Reifen – vorne rollt ein 130er mit 19 Zoll – erstaunlich kurze Bremswege. Wir haben nachgemessen: Die Supersport-Bremsanlage von Brembo bringt die Benda schon nach 41,5 Metern aus 100 km/h zum Stehen, wobei der Hinterreifen wesentlich stärker an der Übertragung der Bremskräfte beteiligt ist, als man es von Motorrädern gewohnt ist. Wir haben auch nachgewogen. Vollgetankt belastet die Benda unsere Waagen mit 285 Kilo, was ziemlich genau dem Gewicht der ersten V-Max entspricht. Zum Vergleich: Eine in Bezug auf die Auslegung ähnliche Harley-Davidson Breakout ist um 25 Kilo schwerer, allerdings auch mit mehr Leistung und Drehmoment gesegnet. Und kostet das Dreifache ...

In der anderen Richtung, also bei der Beschleunigung, darf man sich von 78 PS und 60 Newtonmeter natürlich keine Wunder erwarten. Rein nach Gefühl drückt sie schon ordentlich an, aber Viertelmeilen-Bestzeiten wird man mit ihr eher nicht aufstellen. Und ja, es existiert eine „High-Power“-Variante mit 94 PS, die allerdings in Österreich vorerst keine Zulassung bekommt. Vorerst.

Ohne Kritik bleibt das Fahrwerk. Die mächtige USD-Gabel mit 43 Millimeter Standrohrdurchmesser ist über die Federvorspannung und die Zugstufe justierbar und erinnert mich daran, wie grauenvoll im Vergleich dazu der Rahmen und die Federelemente der ersten V-Max  waren. Die bei der PS-stärkeren Pro-Variante verbaute Luftfederung mit automatischer Fahrwerksabsenkung im Stand gibt es bei dem von uns getesteten Standardmodell nicht. Auch nicht die seitlich ausklappbaren Zusatzscheinwerfer. Über einen Mangel an Show-Elementen kann man sich trotzdem nicht beschweren.

Die Benda LFC 700 ist ein Motorrad zum Herzeigen und zum Anrauchen, ohne dafür übermäßig tief in den Geldbeutel greifen zu  müssen. Und damit ein Beispiel dafür, mit welchen Überraschungen wir demnächst noch aus China zu rechnen haben.

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