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Piaggio Beverly 400 TestPiu forte
Während die Vespa heuer bereits ein Dreivierteljahrhundert ihres Bestehend feiert, hat die Piaggio Beverly zu ihrer jüngsten Frischzellenkur gerade zwei Jahrzehnte hinter sich. Die Überarbeitung erschöpft sich aber nicht nur in optischen Retuschen und dem notwendigen Motor-Update, sondern erstreckt sich sogar bis hin zu einer deutlichen Leistungssteigerung, einem neuen Fahrwerk und einem Keyless-System.
Während dem Beverly 300 die Euro-5-taugliche HPE-Version des Motors aus der Vespa GTS 300 eingepflanzt wurde, der 25,8 PS (plus 23% ) leistet und ein Drehmoment von 26 Newtonmeter stemmt, wird der 400er von einem jetzt 399 Kubik großen Einzylinder mit 35,4 PS und 38 Newtonmeter Drehmoment angetrieben – vormals lagen sie bei 30 PS und 29 Newtonmeter. Damit lässt sie die Konkurrenz aus Deutschland und Japan hinter sich, nur der XCiting S 400i von Kymco soll stärker sein. Beste Voraussetzungen für eine noch spritzigere Performance – die sich auch in der deutlich nachgeschärften Karosserie ausdrückt – ,zumal das Fahrwerk ebenfalls eine Aufwertung erfuhr.
Optisch noch sportlicher ist die S-Version, die an zahlreichen geschwärzten Teilen wie Gepäckträger oder Schalldämpferblende und -Endkappe sowie dunkelgrauen Rädern und einem schwarzen Sitz erkennbar ist. An der Leistung ändert das allerdings nichts, aber die ist ohnehin beeindruckend. Die laut Zulassungsschein 139 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit sind mit rasanter Leichtigkeit erreicht, wobei da am Tacho schon über 150 abzulesen sind.
Eine 35-Millimeter-Telegabel und in der Vorspannung fünffach verstellbare Federbeine von Showa tragen die elegante Signora nun über den Asphalt, besohlt mit Pirellis im Format 120/70-16 vorne und 150/70-14 hinten. Damit kann der Piaggio gegenüber einer Vespa besonders in Regionen und Städten mit schlechten Asphaltverhältnissen einen entscheidenden Vorteil bieten – was übrigens der Grund ist, warum in Rom fast ausschließlich Großradroller unterwegs sind. Wir sind diesbezüglich zwar verwöhnt, ganz ohne Schlaglöcher und versenkte Kanaldeckel kommt man aber auch bei uns nicht durch den Alltag und da wünscht man sich von den Federelementen dann doch eine etwas sanftere Abstimmung.
Eine größere Kubatur bedeutet nicht zwingend ein großzügigeres Platzangebot. Man sitzt nicht beengt, aber kompakt und fühlt sich im Kolonnenverkehr zwischen Häuserschluchten angenehm schlank und wendig. Auch 46er-Latschen finden auf den Trittbrettern Platz, eine alternative angewinkelte Fußhaltung ist allerdings nicht möglich. Der Durchstieg ist nicht so flach und tief wie auf einer Vespa, da sich zwischen den Beinen der wie die Sitzbank entweder per Knopfdruck am elektronischen Schlüssel oder Schalter am linken Lenkerende öffnen lässt. Am Lenker befindet sich jetzt außerdem ein etwas nüchternes, aber sauber integriertes 5,5-Zoll-LC-Display, beim 400er serienmäßig mit dem hauseigenen Connectivity-System MIA ausgestattet.
Auf den Windschild hätten wir dabei nicht gerne verzichten wollen. Jenseits der 30 PS ist man auch dankbar für die Traktionskontrolle und die Scheibenbremsen mit 300 und 240 Millimeter Durchmesser, die den 195 Kilo schweren Roller verlässlich und souverän verzögern. Die Stabilität ist eine der besonderen Tugenden dieser Gattung, der das Zappelhafte und Kippelige der Vespas fremd ist. Die Beverly ist einem Motorrad wesentlich ähnlicher, was sich auch in der Form des Auspuffs und dem an der Nabe befestigten Kennzeichenhalter ausdrückt.
Die Beverlys sind bereits bei den Händlern eingetroffen. Das Basismodell ist in den Farben Bianco Luna, Blu Oxigen und Grigio Cloud, die die S-Version in Argento Cometa, Nero Tempesta und Arancio Sunset erhältlich. Mit 6899 Euro fordert Piaggio für den Beverly 400 um 1600 Euro mehr als für den 300er. Damit liegt man preislich sehr gut – und verlangt für das S-Modell keinen Euro extra.