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Clemens Kopecky
Autor: Mag. (FH) Clemens Kopecky
clemens.kopecky@motorrad-magazin.at
25.2.2023

Suzuki V-Strom 800DE TestV wie vielseitig

Seit 2002 ist die 1-Liter-Version der V-Strom bereits am Markt, 2004 folgte erstmals ein 650er-Modell. Ab 2023 wird die Suzuki-Reiseenduro-Palette nun um eine weitere Hubraumvariante erweitert: Die technischen Daten der brandneuen V-Strom 800DE haben wir bereits vor einiger Zeit hier zusammengefasst und auch schon in der Theorie über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur ebenfalls neuen Honda Transalp spekuliert. Jetzt war es endlich an der Zeit sich die Mittelklasse-V-Strom auf Sardinien in der gripreichen Asphalt- und staubigen Offroad-Praxis zur Brust zu nehmen.

Mit 84 PS Leistung um 12.790 Euro soll Suzukis V-Strom 800DE die Lücke zwischen 650er- und 1050er-Reiseenduros füllen. Das seit diesem Jahr neu eingeführte Kürzel DE steht für „Dual Explorer“ und soll die Geländetauglichkeit des Fahrzeugs auf den ersten Blick deutlich machen. Entsprechend rollt die Midsize-V-Strom mit 22 Zentimetern Bodenfreiheit und ebensoviel Bodenfreiheit auf Drahtspeichenrädern (21-Zoll-Vorderrad und 17-Zoll-Hinterrad) aus den Schauräumen. Aber auch der Reisekomfort wurde bei der Entwicklung der 800er groß geschrieben, und das merkt man auf Anhieb. Die V-Strom offeriert ein beachtlich rundes Gesamtpaket mit vielen Stärken und kaum Schwächen.

 

Besonders beeindruckt der drehfreudige Paralleltwin mit 776 Kubik, der fast von Standgas an brav vorwärts schiebt, besonders in der Drehzahlmitte mit sattem Schub begeistert und bei 6800 Touren mit dem maximalen Drehmoment von 78 Newtonmetern an der Kette zerrt. Frühes Hochschalten wird mit dem laufruhigen, vibrationsarmen Triebwerk der Japanerin zum Genuss, aber auch das Hochdrehen bis 9000 Touren generiert noch stattlichen Vortrieb.

Nahezu perfekt und ruckfrei erfüllt der serienmäßige Quickshifter mit Blipper-Funktion seine Aufgaben, hier dürfen sich andere Hersteller gerne ein eindrucksvolles Vorbild nehmen. Unterm Strich ein imposanter, neuer Reihenzweizylinder, der dank des Hubzapfenversatzes auch ohne der bislang so typischen Vau-Bauweise über eine ordentliche Portion Charisma und Faszination verfügt. 

Direkt und in allen drei Ride-by-Wire-Einstellungen dennoch frei von Lastwechseln reagiert die V-Strom spritzig auf Kommandos des rechten Handgelenks und verbraucht dennoch während unserer ersten Ausfahrt nur moderate 5,1 Liter – trotz voller Fahrt auf Asphalt und stattlichem Offroad-Anteils auf der Testrunde. Für sichere Fahrt nicht nur bei Nässe garantiert die dreistufig justierbare, auf Wunsch aber auch abschaltbare Traktionskontrolle. Sie regelt auf der Straße feinfühlig, der souveräne Gelände-Modus behält auf losem Untergrund auch bei allzu beherztem Gasgriff-Rotieren stets die Kontrolle über unbedenkliche Driftwinkel.

Das am Heck abschaltbare, zweistufig justierbare ABS harmoniert ebenfalls bestens mit den Abenteuer-Ambitionen des geländetauglichsten Modells der V-Strom-Palette. Dosierte Hinterrad-Bremsmanöver auf steilen Schotter-Abfahrten werden somit nicht von einer hyperaktiven Stotterbremse sabotiert.

 

Sowohl die Ride-by-Wire-Einstellung als auch ABS und TCS lassen sich äußerst simpel und intuitiv über die linke Lenkerarmatur sogar während der Fahrt (!) justieren, die gewählte Einstellung wird übersichtlich und kontraststark auf dem tadellos ablesbaren 5-Zoll-TFT-Display angezeigt. Vorprogrammierte Riding-Modes wie „Straße“, „Sport“ oder „Regen“ sucht man bei Suzuki übrigens vergeblich.

Lob verdienen auch die hervorragenden, knackigen Bremsen und das in seiner Preisklasse überraschend souveräne, voll einstellbare Showa-Fahrwerk (mit Handrad für die Dämpfer-Vorspannung). Die eher soft gedämpften Federelemente vermitteln viel Kontakt zur Fahrbahn, sprechen fein auf Unebenheiten an und sorgen für hohen Tourenkomfort, ohne dabei den Fahrspaß beim rasanten Kurvenwetzen allzu sehr zu trüben.

Sportlich und in Schräglage absolut neutral umrundet die V-Strom 800DE Radien aller Art – lediglich in druckvoll gefahrenen, scharfen Kehren kommen die „Angstnippel“ der breiten Stahl-Fußraster recht schnell in Bodenkontakt. Möglicherweise räubern Suzuki-Piloten ein Alzerl weniger euphorisch über verwinkelte Alpenpässe als beispielsweise Fahrer einer waschechten Supermotard - sie erreichen das Ziel jedoch beinahe genauso schnell – und merklich weniger abgekämpft.

Der Windschutz ist je nach Fahrerstatur passabel: Die Schultern liegen ruhig in sanfter Strömung, der Helm ist dem Fahrtwind jedoch stets voll ausgesetzt. Die Höhe des Windschilds ist (mit Werkzeug) drei Zentimeter justierbar, eine drastische Verbesserung ist in der voll ausgefahrenen Position jedoch nicht eindeutig spürbar.

Im Stand bekommen auch Piloten mit 170 Zentimetern Körpergröße beide Fußsohlen leicht auf den Erdboden, denn die Taille der Suzuki V-Strom 800DE ist hinter dem 20-Liter-Tank beachtlich schlank und relativiert die 855 Millimeter Sitzhöhe des äußerst kommoden Sattels. Der hohe Lenker streckt sich dem Fahrer obendrein einladend entgegen und ist auch fürs Fahren im Stehen tadellos positioniert, der Kniewinkel dürfte ab 180 Zentimetern Körpergröße jedoch ein wenig großzügiger ausfallen – Linderung verspricht Großgewachsenen die 3 Zentimeter höhere Zubehör-Sitzbank.

Verarbeitung und Design der V-Strom gehen nicht nur angesichts des fairen Anschaffungspreises absolut in Ordnung. Die ansprechenden Farbvarianten sowie die moderne, coole Optik sorgen bei den versammelten Testpiloten beinahe für emotionale Liebesbekundungen. Alles in allem ist die Akribie, mit der die V-Strom 800DE von ihren japanischen Schöpfern von Grund auf neu konzipiert wurde, auch nach dem Druck auf den Startknopf auf Anhieb spürbar. Mit der sicherlich universellsten V-Strom der Palette schnürt man in Hamamatsu zweifellos ein echtes Wohlfühlpaket für die Reiseenduro-Mittelklasse, das sich auch vor ernsthaften Offroad-Missionen nicht zu verstecken braucht.

Kein Zweifel, der erste Eindruck nach unserer Premierenfahrt mit der neuen V-Strom 800DE fällt durchwegs positiv aus. Was fehlt der V-Strom 800DE also eigentlich zur Perfektion? Meiner Meinung nach höchstens ein Tempomat, der höhere Windschild aus dem Zubehörprogramm sowie eine kleine Diät – zumindest für ambitionierte Offroad-Piloten dürften 230 Kilo vollgetankt auf diffizilem Terrain grenzwertig sein.

Hier helfen zwar vergleichsweise einfache Abspeck-Maßnahmen (Lithium-Ionen-Batterie, leichte Auspuffanlage, kurzes Heck und so weiter), Honda Transalp oder Yamaha Tenere 700 haben ab Werk jedoch weniger Speck auf den Rippen – sie könnten allerdings in puncto Reisekomfort gegen die V-Strom 800DE klar das Nachsehen haben. Eine Theorie, der wir schon in Kürze im Rahmen eines großen Vergleichstests der Mittelklasse-Reiseenduros auf den Grund gehen werden. Zuvor jedoch wartet mit der GSX-8S jedoch noch die zweite brandneue Suzuki des Modelljahres 2023 auf eine ausgiebige Testfahrt – hier darf man gespannt sein, wie gut sich der von Suzuki frisch entwickelte 800er-Paralleltwin für den Einsatz in einem Naked Bike eignet.

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