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Peter Schönlaub
Autor: Peter Schönlaub
peter.schoenlaub@motorrad-magazin.at
27.4.2024

Husqvarna Svartpilen 801: Erster TestMehr Komfort, mehr Power, mehr Style

Man kann nicht behaupten, dass die erste große Svartpilen – die 701 – ins Schwarze getroffen hätte. Eingeführt vor genau fünf Jahren verschwand sie bald darauf wieder spurlos aus dem Modellprogramm. Der große LC4-Einzylinder dürfte in dieser Klasse einfach nicht die richtige Wahl gewesen sein.

Kein Grund, das Terrain den Mitbewerbern zu überlassen: Husqvarna startet einen neuen Anlauf, diesmal auf völlig anderer Basis und mit dem gut bekannten LC8c-Zweizylinder. Er tritt in der Spezifikation der aktuellen 790 Duke auf, also mit 799 Kubik, 105 PS und 87 Newtonmeter. Er entspricht bereits Euro5+ und kommt dank leicht vergrößerter Schwungmasse mit den besseren Manieren, die zuletzt schon die Duke zeigte.

Die mittlerweile hubraumkleinste Variante des LC8c-Motors wird in der chinesischen Fabrik gefertigt, die KTM und CFMoto gemeinsam gehört. Das war’s dann aber: Das Motorrad selbst wird in Mattighofen, Oberösterreich hergestellt.

Weil wir die 790 Duke erwähnt haben: Da liegt natürlich der Verdacht nahe, dass die Svartpilen 801 „nur“ eine anders eingekleidete Variante der nackten KTM darstellt. Das ist allerdings nicht zutreffend. Klar, einige weitere Komponenten neben dem Motor teilt man sich ebenfalls, etwa die Alu-Schwinge oder im Prinzip (mit kleinen Abweichungen) den Stahl-Hauptrahmen. Doch fast der ganze Rest ist anders.

Dies betrifft zum Beispiel den schönen Heckrahmen aus Alu-Druckguss, oder auch die Räder. Sie haben zwar die gleichen Dimensionen wie die Duke, stammen aber vom Vorgängermodell, der Svartpilen 701 (vorne) oder sind komplett eigenständig (hinten). Die Federelemente (WP Apex) besitzen zwar den selben Federweg – 140/150 Millimeter –, integrieren aber ein maßgeschneidertes Innenleben, mit anderen Federraten. Und sie sind auch einstellbar: vorne in Zug- und Druckstufe, hinten in Vorspannung und Zugstufe.

Die Einstellbarkeit funktioniert nach dem neuen System, das wir an der 990 Duke zum ersten Mal gesehen haben. Große „Flügelschrauben“ oben an den Holmen erlauben das werkzeuglose verstellen in je fünf Klicks. Standard ist die Mittelstufe, jeder Klick bewirkt schon spürbare Veränderungen. Auch die Zugstufe am Heck ist so regulierbar, allerdings mit Schraubenzieher oder passender Münze. Für die Vorspannung muss man den Hakenschlüssel zücken.

Das elektronische Equipment ist reichhaltig: Kurven-ABS mit Supermoto-Mode, Schräglagen-Traktionskontrolle, das neue 5-Zoll-TFT-Display (identisch mit jenem der Svartpilen/Vitpilen 401) kommt mit voller App-Connectivity, sogar der Quickshifter ist schon serienmäßig. Optional stehen das empfehlenswerte Dynamic-Paket (mit Custom-Fahrmodus, Motorschleppregelung und Wheelie-Kontrolle), diverse Softgepäckstücke, ein Lampengitter, CNC-gefräste Teile, ein Tempomat, Heizgriffe und vieles mehr zur Verfügung.

Bevor wir zu den Fahreindrücken kommen, noch kurz ein Blick auf den Status eines Scramblers. Damit wird natürlich kokettiert, aber der Aufwand für die Darstellung eines solchen Modells wurde klar begrenzt. Die klassischen Erkennungszeichen dieser Gattung – größeres Vorderrad, eventuell Speichenräder, mehr Bodenfreiheit, eine gerade Sitzbank oder auch ein Fahrmodus, der aufs Erdige Bezug nimmt – sind allesamt nicht zu finden. Lediglich die Bereifung mit Pirelli MT60 RS und ein dezenter Alu-Unterfahrschutz wurden verbaut, that’s it. 

Der Fokus liegt mit den 17-Zoll-Rädern in markigen Dimensionen (180/55 hinten!) also klar auf der asphaltierten Strecke, und dort kann die Svartpilen 801 ihre Stärken auch perfekt ausspielen – je verwinkelter, je kurviger, desto besser. 

Noch kurz noch ein Wort zum Komfort: Er ist deutlich höher als auf der 790 Duke, was allein schon an der entspannteren Sitzposition liegt. Der Lenker ist höher und breiter (aber nicht überbreit), der Fahrersitz komfortabel, die Beinfaltung entspannt. Gefühlt sitzt man gut ins Motorrad integriert, wohingegen man auf der Duke klassischerweise eher in Richtung Supermoto geht, mit dem Körper näher am Lenkkopf.

Auch die Geometrie der Svartpilen 801 sollte den Willen der Ingenieure nach relaxterem Riding Style bezeugen. Ist grundsätzlich auch so, nur ist die Svartpilen trotzdem flink und agil, wenn man es darauf anlegt. Speziell in Wechselkurven spürt man diese Leichtigkeit, einerseits durch das niedrige Gewicht (191 Kilo fahrfertig vollgetankt), andererseits durch die geringeren rotierenden Massen des „kleinen“ LC8c. Man wieselt nur so durch das Kurvengeschlängel, eine echte Freude.

 

Obwohl die Federelemente im Vergleich zur straffen Duke etwas komfortabler ausgelegt wurden, ist die Svartpilen 801 noch immer keine Sänfte. Sie besitzt genügend Potenzial, um sehr, sehr sportlich unterwegs zu sein. Hart gefahren, kommt dann aber doch zuerst das Fahrwerk an seine Grenzen: Die Gabel könnte sensibler ansprechen und Fahrbahnstöße besser entschärfen, und irgendwann spürt man dann auch ein leichtes Pumpen und Schwingen im Heck – aber alles nicht dramatisch. Einen exzellenten Job erledigen die Bremsen, mit feiner Dosierbarkeit. Auch die Bremsstabilität ist hoch, da spielt das Fahrwerk gut mit.

Große Freude haben wir auch mit dem LC8c-Motor. Der Gedanke, dass die Ur-Form des Motors, wenngleich mittlerweile mehrfach modifiziert – zum alten Eisen gehört, kommt beim Fahren überhaupt nicht auf. Der Motor ist putzmunter, bietet unten eine höchst respektable Performance und dreht dann quicklebendig nach oben. Was soll da angejahrt sein? Das ist richtig lustig, richtig zeitgemäß.

Noch dazu klingt der Motor fein, ohne laut zu sein, läuft für einen Reihen-Zweizylinder auch im Stop-and-Go-Betrieb geschmeidig und zeigt seine bekannt gute Ökonomie. Mittlere oder niedrige Vierer-Verbrauchswerte einzufahren, das ist mit ihm überhaupt kein Problem.

Kongenialer Partner ist der Quickshifter, der in den allermeisten Fahrsituationen einfach perfekt funktioniert – hinauf, herunter, Schaltvorgänge werden meistens völlig ruckfrei und schnell erledigt.

Eingangs haben wir erwähnt, dass wir den Zukauf des Dynamic-Pakets empfehlen. Das hat folgenden guten Grund: Die drei serienmäßigen Fahrmodi (Rain, Street, Sport) sind jeweils an fixe Setups für die Bremse, die Gaskennlinie und die Traktionskontrolle geknüpft. Wer wie wir „Street“ wegen des Gas-Ansprechverhaltens bevorzugt, der wird daher möglicherweise mit einer doch recht defensiven Einstellung der Traktionskontrolle hadern. Wir haben’s auf den lässigen Kurvenstrecken beim ersten Test jedenfalls gemerkt: Am Kurvenausgang, beim beherzten Gas-Öffnen, wird man durch die MTC regelrecht ein wenig „zurückgehalten“. 

Das Dynamic-Paket (um rund 400 Euro) erlaubt es jedoch, dass man sich einen Fahrmodus völlig frei zusammenstellt, also das Ansprechverhalten von „Street“ mit einer von neun Stufen der Traktionskontrolle kombiniert. Diese Stufen lassen sich dann während der Fahrt ganz schnell mit den zwei vertikalen Tasten des neuen Steuerkreuzes ändern. Mit Stufe 3 waren wir vollauf zufrieden und hatten Recht: Kurvenausgangs geht tatsächlich noch mehr.

Unterm Strich: Die Husqvarna Svartpilen 801 ist keineswegs ein anders designter Ableger der Duke, sondern tatsächlich eine (fast) völlig eigenständige Geschmacksrichtung, optisch und fahrerisch. Sie ist deutlich komfortabler ausgelegt, hochwertiger bestückt, dabei völlig unkompliziert und alltagstauglich – dabei aber sprühend vor Elan und Lebensfreude, handlich und mit ihrem quicken Motor jederzeit fürs Anheben des Adrenalinpegels zu haben. Für uns ganz klar: Diesmal hat man wirklich ins Schwarze getroffen.

Preis Husqvarna Svartpilen 801 in Österreich:
12.299 Euro plus 300 Euro Auslieferungskosten

Preis Husqvarna Svartpilen 801 in Deutschland:
10.899 Euro plus 450 Euro Auslieferungskosten

 

 

 

Bildergalerie Husqvarna Svartpilen 801 mit Zubehör

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