Déjà-vu! Das Typenkürzel SV650 kennen viele Motorradfahrer gut, schließlich etablierte sich dieses Naked Bike seit 1999 als feste Größe im europäischen Straßenbild und bescherte Suzuki stattliche Verkaufserfolge. Dank der kommoden Ergonomie, ihrer sympathischen Vielseitigkeit und des bis heute erstaunlich druckvollen, quirligen Motors machte sich die SV650 nicht nur bei Einsteigern beliebt – mit ein paar Modifikationen ließ sie sich im Rennstreckenbetrieb sogar von scheinbar übermächtiger Konkurrenz nicht die Schneid abkaufen. Zehn erfolgreiche Jahre später wurde sie dennoch von der „Gladius“ getauften SFV650 abgelöst. Der Euro-3-konforme V-Twin mit Doppelzündung, Einspritzung und geregeltem Katalysator wurde beinahe unverändert von der SV650 übernommen, im Vergleich zu ihrer Vorgängerin wurden hauptsächlich Rahmen und Design modifiziert. Mit 85 verkauften Exemplaren im vergangenen Jahr bestätigte die Gladius neben GSX-S1000, GSR750 und den V-Strom-Modellen bis zuletzt in Österreich ihre Position als solider Suzuki-Straßenfeger. Trotzdem wurde der rundliche Körperbau und die knubbelige Lichtmaske der Gladius von vielen Testosteron-Junkies stets als allzu feminin bekrittelt. „Echte Männer“ konnten sich die Gladius in ihrer Garage genauso wenig vorstellen wie die Klitschko-Brüder im Tutu beim Ballettunterricht oder ein Formel-Eins-Auto mit Duftbäumchen und Plüsch-Sitzschoner. Bei der Kaufentscheidung war ihr Äußeres also ein echter Hemmschuh für Machos, die aus diesem Grund nicht selten der vermeintlich wilderen Yamaha MT07 den Vorzug gaben.
Jetzt schlägt Suzuki zurück. Das „Kurzschwert“ wandert ins Alteisen, während man für die Benennung des Nachfolgers im Archiv gekramt und auf Bewährtes zurückgegriffen hat. Weil wegen der Euro4-Abgasvorschriften bauliche Maßnahmen an der 650er ohnehin unumgänglich gewesen wären, soll 2016 mit der Modellablöse der Gladius auch das Design-Problem der Vergangenheit angehören. Mit dem Comeback des Modellnamens SV650 für das Mittelklasse-Naked-Bike aus Hamamatsu feiern die Japaner also gleichzeitig die Rückkehr zur Männlichkeit, wie Motorradmagazin-Testpilotin Larissa attestiert: „Als Frau hat mir die polarisierende Optik der barocken Gladius tatsächlich gut gefallen, mit der puristisch-schlichten SV650 kann sich dagegen wohl auch ein Chauvi halbwegs anfreunden. Nur dem extravangant-schnittigen Gladius-Scheinwerfer trauere ich wirklich nach, obwohl der klassische Rundscheinwerfer der SV zeitlos elegant ist – aber auch ein bisserl fad.“
Keine Spur von „Retro“ versteckt sich dagegen im 90-Grad-V-Zweizylinder, der laut Suzuki mit mehr als 60 neu entworfen Teilen auf Vordermann gebracht wurde – darunter zum Beispiel beschichtete Kolbenringe und Zylinder für weniger Reibung, Zehnloch-Einspritzdüsen, ein neu entworfener Kühler, eine umgeformte Airbox und das „Easy Start System“, bei dem der Anlassknopf beim Starten nicht mehr gehalten werden muss. Beim Einkuppeln erhöht der neue „Low RPM Assist“ automatisch die Motordrehzahl und erleichtert damit nicht nur Motorrad-Novizen das Anfahren im Stop-and-Go-Verkehr. Tatsächlich setzt sich die SV650 sogar stotterfrei in Bewegung, sollte die Gashand auf den Rücken gefesselt sein – hilfreich vielleicht für Geheimagenten oder Entfesselungskünstler in Ausbildung. Wir sind leider nichts von beidem, daher lassen wir die Rechte am Drehgriff fleißig werken. Unsere Erfahrungen sind in der Motorradmagazin-Printausgabe 3/2016 nachzulesen.
Motorrad Bildergalerie: Suzuki SV650