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BMW Vision CEMit Dach ohne Helm
Mutig: BMW enthüllt auf der Automesse IAA den neuen Vision CE – einen Elektroroller mit Sicherheitszelle, die einen von der gesetzlichen Helmpflicht befreit, dafür die Gurtpflicht auferlegt. Bevor betuchte Frisurenschoner nun schon einen Kaufvertrag unterzeichnen wollen: Der CE Vision ist wie der Name noch sagt eine Stude, ein Prototyp, oder wie es BMW Motorrad ausdurückt, ein „Ausblick auf eine neue Generation der Einspurmobilität für das urbane Umfeld.“
Werfen wir trotzdem einen genaueren Blick darauf. Der CE Vision nützt ganz klar die bei CE 04 und CE 02 eingeführte Designsprache. Auch hier gibt’s das frei stehende Hinterrad an einer Einarmschwinge und die als Scheibenräder ausgeführten Felgen. Es ist anzunehmen, dass BMW auch einen Teil der elektrischen Komponenten von den beiden bestehenden E-Fahrzeugen übernimmt. Im Gegensatz zu den beiden bestehenden Rollern ist der CE Vision ganz klar als Einsitzer ausgelegt.
Auch wenn eine offizielle Bestätigung fehlt: Die Ausgefeiltheit des Konzepts spricht ganz klar dafür, dass wir in absehbarer Zeit ein Serienfahrzeug auf Basis des Vision CE sehen werden. Wir rechnen damit, dass es in der A1-/125er-Klasse angesiedelt sein wird, da auf diese Weise die Zielgruppe deutlich größer wird. Und dank der EIgenschaften des E-Motors, mit viel Drehmoment ab Start, sollte die Performance für den EInsatz im Weichgebiet der Stadt und im angrenzenden Speckgürtel absolut ausreichend sein.
Ein Handicap könnte – neben dem zu erwartenden, höheren Kaufpreis – auch der fehlende Stauraum sein. Zumindest zeigt die Studie momentan keine Möglichkeit zur Unterbringung von Transportgut, eine geschätzte Kerneigenschaft von Rollern. Freilich könnte sich daran bis zum Serienstart noch etwas ändern, und nicht zuletzt sollte sich hinter dem Fahrersitz wohl auch die Möglichkeit zur Montage einer Art Topcase ergeben.
Wann ist nun mit der Einführung zu rechnen? BMW hat den „Definition CE 04“ neun Monate vor dem Serienmodell (CE 04) gezeigt und das „Concept CE 02“ knapp zwei Jahre vor dessen Produktionsversion (CE 02). Wir gehen daher davon aus, dass wir eine käufliche Variante eher nicht im Kalenderjahr 2026 begrüßem können, sondern wahrscheinlich erst 2027. Ob wir recht behalten, wird die Zeit weisen.
Der BMW C1: das große Missverständnis
Spricht man heute über den BMW C1, dann heißt es meistens: ein geniales Modell, das einfach zu früh gekommen ist. BMW selbst sprach später sogar von einem „Melenstein im Bereich der Zweiradsicherheit“. Woher kommen diese ganzen Lorbeeren? Meistens aus der Tatsache, dass gut erhaltene gebrauchte BMW C1 zu exorbitanten Preisen gehandelt werden. Nur: Das hat nichts zu sagen. Wie man aus unseren Geschichteserie im Motorradmagazin „Motorräder, die (fast) neimand wollte“ lernt, so sind die meisten Versager am Markt später teuer und gesucht – ganz einfach, weil so wenige davon erzeugt wurden.
Als jemand, der die Geschichte von Anfang an verfolgt hat, kann ich behaupten: Der C1 war alles andere als genial. Er war mutig, er war visionär, aber er war gleichzeitig ein rollender Beleg dafür, dass BMW damals konsequent an den Bedürfnissen des Marktes vorbei entwickelt hat. Gleich in vielfacher Hinsicht:
• Die stabile Sicherheitszelle samt Dachkonstruktion, Windschutzscheibe und Scheibenwischer (1) war so schwer, dass der C1 extrem kopflastig wurde. Das Balancieren bei langsamer Fahrt, das „Durchschwindeln“ durch Kolonnen war selbst für routinierte Fahrerinnen und Fahrer, sagen wir, gewöhnungsbedürftig. Für den Einsatz in der Stadt also kein Vorteil, zumal auch die Baubreite respektabel war. Für die anvisierte Zielgrupppe – nicht unbedingt versierte Motorradfahrer – war das Fahrzeug zu schwierig, zu anspruchsvoll zu fahren. Viele hatten auch einfach zu viel Respekt vor dem ausladenden Gerät. Und der Wetterschutz? Ein Witz, da man ja gerade in der Stadt oft halten muss und der Regen, wie man weiß, nicht nur von oben kommt.
• Der eingesetzte 125er-Motor von Rotax war zwar ein kräftiger Bursche – was er bei den zu bewegenden Massen auch sein musste –, lief aber extrem rau, unkultiviert und auch vergleichsweise laut. Kaum passend zu einem Innovationsträger von BMW, auch störend in der Stadt.
• Ein möglicher Passagier musste außerhalb der Sicherheitszelle sitzen, zwischen sich und dem Fahrer das Gestänge. Und er musste natürlich einen Helm tragen. Insgesamt eine lächerliche Idee, die natürlich nicht aufgegriffen wurde. Wer hat jemals einen C1 mit Passagier gesehen? Wir nicht.
• Und dann gab’s natürlich prohibitive Preise. Zur Markteinführung im Jahr 2000 kostete das Basismodell des BMW C1 in Österreich 82.000 Schilling. Das sind umgerechnet 5959 Euro, inflationsbereinigt nach heutigem Wert 11.100 Euro. Ohne Extras. Man darf nicht vergessen: Es war ja trotzdem „nur“ ein 125er-Benzinroller, wenn auch mit dem schrägen Dach. Eine Vespa 200 PX kostete damals nur etwas mehr als die Hälfte.
Es kam also, wie es kommen musste. Auf die Markteinführung im Jahr 2000 folgte Anfang 2001 noch eine Version mit 200 Kubik, und schon im Jahr drauf, Mitte 2002, läutete BMW das Ende ein. „Das insgesamt anvisierte Verkaufsvolumen kann Prognosen zufolge nicht realisiert werden“, hieß es in einer Aussendung. „BMW nimmt jetzt Gespräche mit seinen Produktionspartnern auf, in welcher Weise das Produktionsvolumen der erkennbar abgeschwächten Nachfrage angepasst werden kann.“ Und weiter: „Der BMW C1 wird auf absehbare Zeit keinen Nachfolger bekommen. Damit beendet
BMW die Spekulationen um die Zukunft dieses innovativen Fahrzeugskonzeptes auf zwei Rädern. Die im Rahmen anstehender Modellentscheidungen für die nächsten Jahre durchgeführten Analysen zeigten, dass ein Nachfolger nicht das notwendige Verkaufsvolumen erreichen würde.“
2003 endete die Geschichte des C1 also ziemlich abrupt und unwürdig. 2009 flammte sie noch einmal kurz auf, als BMW die Studie eines modernisierten Dachrollers mit Elektroantrieb vorstellte, den C1-E. Er ähnelt in der Statur und Farbgebung übrigens ziemlich frappant dem nun vorgestellten Vision CE. Aus der seinerzeitigen Studie entwickelte sich freilich kein Serienkonzept, wie wir es diesmal aber doch erwarten.

BMW CE 02 Test
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