Lang und schwer erwartet, jetzt endlich absolviert: die erste Ausfahrt mit der bahnbrechenden neuen Moto Guzzi V100 Mandello. Wie fährt sich die erste Serien-Guzzi mit Wasserkühlung, Kurven-ABS, Quickshifter und adaptiver Aerodynamik? Schaffen die Italiener damit den Sprung in ein neues Jahrhundert? Und können sie die bestehende Sporttourer-Garde herausfordern? Die Antworten hier!
Bevor wir gleich zu den Fahreindrücken kommen, ganz kurz die wichtigsten hard facts zur neuen Guzzi im Schnelldurchlauf. Wir begegnen hier einer von Grund auf völlig neuen Konstruktion, sei es beim Motor, beim Getriebe, beim Rahmen oder auch bei Fahrwerk und Elektronik. Vor allem der Motor steht natürlich im Fokus: Es ist der erste Serienmotor von Guzzi mit Wasserkühlung! Mit Vierventiltechnik und DOHC-Zylinderköpfen (die um 90 Grad gedreht wurden) leistet der Motor 115 PS und ein maximales Drehmoment von 105 Newtonmeter. Damit ordent sich die Guzzi leistungsmäßig in der gehobenen Mittelklasse ein, während sie mit ihrer umfassenden Ausstattung – speziell in der S-Version – alleweil in der Oberliga mitspielt. So ist sie beispielsweise der einzige Sporttourer am Markt mit elektrisch verstellbarem Windschild; und die neue adaptive Aerodynamik mit ausfahrbaren Deflektoren am Tank ist sowieso eine Premiere in der Motorradwelt.
Nun aber gleich zum Fahren. Die Sitzposition ist entspannt, die Ergonomie fein gelungen. Man sitzt mit geradem Rücken, die Beine sind bequem untergebracht, ohne dass man in eine zu passive Haltung gebracht wird. Der Anspruch ein sportliches Bike zu schaffen, das auch Potenzial für die Langstrecke hat, wurde perfekt erfüllt. Auch der Windschutz hinterließ einen guten Eindruck, da wir allerdings nicht auf der Autobahn unterwegs waren, müssen wir eine endgültige Beurteilung dieses Punkts noch aufschieben. Dies betrifft auch die neuen Deflektoren am Tank, die je nach Fahrmodus und zu einstellbaren Geschwindigkeiten aus- und einfahren. Sie schützen den unteren Bereich des Oberkörpers und sollen auch bei Regen helfen, die Feuchtigkeit von diesem sensiblen Bereich fernzuhalten.
Als Hauptdarsteller im Fokus steht aber der neue Motor – und der ist famos gelungen, das können wir vorwegnehmen. Mit viel feinerem Auftritt als die bisherigen luftgekühlten Guzzi-V2 läuft er kultivierter und hängt auch schön am Gas. Sein Ansprechtverhalten ist aber stark vom gewählten Fahrmodus beeinflusst: In „Sport“ ist dieses eine Spur zu ruppig, in „Pioggia“ (Regen) wiederum extrem zahm und mit butterweichen Übergängen, die man gar nicht mehr als Lastwechselreaktionen bezeichnen kann. Neutral und gut gelungen wirken sie in Strada und Turismo. Dort nimmt der Motor auch in tiefen Drehzahlregionen das Gas sauber an, man kann beispielsweise Kehren ganz souverän mit dem zweiten Gang durchfahren. Befindet man sich allerdings in einem schnellen Zug, dann verhungert man ein wenig beim Herausbeschleunigen; so richtig deftig wird’s nämlich erst zwischen 4500 und 5000 Umdrehungen. Dann strömt das Bike äußerst entschlossen voran, unterlegt von einem kernigen Ansauggeräusch und bulligemn V2-Sound.
Umgekehrt übrigens tritt der Motor angenehm dezent auf. Ist man gerade gepflegt unterwegs und mit Landschaftsschau beschäftigt, dann klingt der Motor immer noch gut, verhält sich aber dezent und bleibt im Hintergrund. 95 dBA am Stand sind noch tauglich für Tirol.
Noch ein Wort zu den Verbrauchswerten: Der WMTC-Schnittverbrauch wird mit 4,7 Liter angegeben, bei unseren Testfahrten – die in dieser Hinsicht jedoch keine große Aussagekraft haben – lagen wir laut Bordcomputer rund um sechs Liter. Wir gehen davon aus, dass man in der Realität durchaus mit Werten rund um fünf Liter rechnen wird können, aber hier wird ein späterer Intensivtest genaueren Aufschluss geben.